Normalerweise hätte schon eines der beiden Ereignisse ausgereicht, um im jüdischen Terminkalender dick markiert zu werden – erst die Wiedereinweihung der Synagoge Pestalozzistraße in Berlin-Charlottenburg am Freitagnachmittag und direkt im Anschluss daran die Eröffnung des Louis-Lewandowski-Festivals.
Dass beide Termine auf den gleichen Tag gelegt wurden und am selben Ort praktisch nahtlos ineinander übergingen, war kein Zufall. Denn die Melodien des deutsch-jüdischen Komponisten Louis Lewandowski gehören in der liberalen Synagoge zum festen Schabbat-Repertoire – samt Orgel und Chor. Nach eineinhalb Jahren Sanierung der Synagoge sind Lewandowskis Melodien von nun an wieder jeden Schabbat in der Pestalozzistraße zu hören.
festakt Zur Wiedereinweihung am Freitag war das altehrwürdige Gotteshaus mit rund 800 Besuchern voll besetzt. Selbst an den Türen drängten sich stehend Beter und Gäste. Jeder wollte nicht nur den prachtvollen Sternenhimmel und die goldverzierte Kuppel bestaunen, sondern auch einen Blick auf die Torarollen werfen, die Gemeindevertreter und Gäste gleich zu Beginn des Festakts durch den Mittelgang zur Bima trugen.
Begleitet von Musik und Gebeten durch den Chor und die beiden Kantoren Isaac Sheffer und Simon Zkorenblut kamen die samtumhüllten Torarollen nach eineinhalb Jahren Unterbrechung wieder zurück in ihren ursprünglichen Toraschrein. Anschließend wurde das Ewige Licht entzündet.
Gemeinsam mit den Betern der Pestalozzistraße feierten unter anderem der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, der Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses, Ralf Wieland, und Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (beide SPD) sowie Vertreter der israelischen Botschaft.
herzensangelegenheit »Wie schön die Synagoge geworden ist!«, sagte Gideon Joffe in seinem Grußwort sichtlich bewegt. Die rechtzeitige Wiedereröffnung der 1912 erbauten Synagoge pünktlich zum Louis-Lewandowski-Festival sei dem Gemeindevorstand eine »besondere Herzensangelegenheit« gewesen, unterstrich Joffe.
Der Berliner Gemeindevorsitzende erinnerte zudem an die Anfänge jüdischen Lebens in Berlin nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. So sei die liberale Synagoge Pestalozzistraße seit ihrer ersten Wiedereröffnung 1947 neben der orthodoxen Synagoge in der Joachimstaler Straße von zentraler Bedeutung für die jüdische Gemeinschaft in Berlin.
Rabbiner Tovia Ben-Chorin erklärte in seiner Ansprache, dass der Gemeinde Pestalozzistraße nun zudem neue Wege offenstünden. So werde das Gotteshaus zukünftig nicht nur als Gebetshaus dienen, sondern seine Aktivitäten auch als Gemeindezentrum stärken. Der Chanukkabasar und das Lewandowski-Festival etwa seien beispielhaft, betonte Ben-Chorin.
Wunder Der liberale Rabbiner forderte in diesem Zusammenhang dazu auf, den »göttlichen Funken vor allem bei seinen Mitmenschen« zu suchen – durch Verständnis und Unterstützung. Mit Blick in die Vergangenheit sowie einer Anspielung auf Chanukka verwies er zudem auf Berlin als »Stadt der Wunden und Stadt der Wunder. Wer hätte gedacht, dass sich einmal Chöre aus aller Welt in Berlin zu einem Festival synagogaler Musik treffen würden, und das nun schon zum vierten Mal«, sagte Ben-Chorin.
Beim diesjährigen Louis-Lewandowski-Festival geht es noch bis Sonntag um Musik jüdischer Komponisten aus Deutschland, die in die USA ausgewandert waren. Zum Auftakt sang das Synagogal Ensemble Berlin unter der Leitung von Regina Yantian unter anderem Schabbatlieder von Martin Meir Widerker.