Ein in die Länge gestrecktes Foyer bildet den Vorraum zum Festsaal des Frankfurter Hilton. Er trägt den klangvollen Namen Liberty Ballroom. Schon an normalen Werktagen wirkt das Hotel elegant und mondän. Eine edle Adresse eben. Doch an diesem Samstagabend wird noch einmal eine Schippe draufgelegt. Das Foyer wird zum Catwalk. Unablässig treffen Damen in edler Abendgarderobe ein, begleitet von Männern in Maßanzügen. Das Blitzlichtgewitter aus mehr als einem Dutzend Kameras erinnert an die für das selbe Wochenende angesetzte Emmy-Verleihung. Die WIZO Frankfurt hat erneut zum Gala-Empfang geladen. Und wie immer, wenn sie das tut, ist die Promi-Dichte hoch und das Flair gediegen.
Küsschen »Hi, meine Liebe!«, hallt es durch das Foyer. Wieder hat ein Besucher Diana Schnabel entdeckt. Zwei Küsschen werden auf ihre Wange gehaucht, ein paar freundliche Worte gewechselt. Dann ruft schon wieder jemand ihren Namen. Die Präsidentin der deutschen Sektion der Women’s International Zionist Organisation (WIZO) wird an diesem Abend kaum eine ruhige Sekunde finden. Nicht weniger als 300 Gäste haben sich angekündigt. »Elegant, aber nicht protzig« solle der Abend werden, so Schnabels Wunsch. Denn trotz lockerer Stimmung und edlem Ambiente darf der eigentliche Zweck nicht ins Hintertreffen geraten: Hilfe für Kinder in Not.
»One Night for Children« lautet erneut das Motto dieses Empfangs, der bereits zum zwölften Mal im Hilton stattfindet. Eine klassische Spendengala, die von den Frauen der Frankfurter WIZO organisiert wird. Einen Hut, der im Liberty Ballroom herumgehen könnte, sucht man allerdings vergebens. Wie jedes Jahr sucht die zionistische Organisation Paten, die bereit sind, ein Kind in Israel ein Jahr lang zu unterstützen. 500 Euro müssen sie dafür zu spenden bereit sein. 500 Euro, um einem von 14.000 Kindern Zuwendung, Bildung, Betreuung und Wärme geben zu können.
Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, ist an diesem Abend neben Diana Schnabel eines der begehrtesten Fotomotive. Allerdings ist er nicht der einzige Prominente, der sich die Ehre gibt. Michel Friedman ist gekommen, samt Gattin Bärbel Schäfer, die sich ebenfalls für die Frauenorganisation engagiert.
Gäste Die Frankfurter Gemeinde wird von den Gemeinderatsmitgliedern Andrei Mares und Marc Grünbaum sowie dem Vorstandsmitglied Harry Schnabel und Gemeindedirektor Stefan Szajak vertreten. Der Gemeindevorsitzende Salomon Korn ist entschuldigt – er ist zu seinem neugeborenen neunten Enkelkind nach Israel gereist. Die Stadt Frankfurt wird durch den Kämmerer Uwe Becker (CDU) vertreten. Für die Landesregierung ist Innenminister Boris Rhein (ebenfalls CDU) gekommen.
Nicht minder prominent geht es auf der Bühne zu. 80er-Jahre-Ikone Jennifer Rush tritt auf, dazu Künstler aus dem größten Varieté der Stadt, dem Tigerpalast. Es ist ein gewaltiger Aufwand, den die WIZO-Frauen Jahr für Jahr betreiben. Der Erfolg aber scheint ihnen recht zu geben. 80 Patenschaften waren schon im Vorfeld der Veranstaltung gesammelt worden. »Und ich bin sicher, dass Diana vor Freude ausrasten würde, wenn am Ende vorne eine Fünf steht«, versucht Moderatorin Andrea Kiewel die Spendenfreudigkeit anzuregen.
Im Hintergrund ziehen immer neue Patennamen auf dem Leuchtband vorbei. Bis 22 Uhr werden es schon mehr als 400 sein. Kiewel, seit sechs Jahren Moderatorin dieser Spendengala, wird im Laufe der Veranstaltung mit einer WIZO-Ehrennadel ausgezeichnet.
Anliegen Zwischen der Freude über das hohe Spendenaufkommen und dem Bühnenprogramm fällt es erneut Diana Schnabel zu, an das ernste Anliegen des Abends zu erinnern. Kindergesichter flackern über eine Leinwand. »Diese Kinder, die Sie eben in unserem kleinen Film haben spielen, laufen und lachen sehen und die bestimmt Ihr Herz berührt haben«, erklärt sie dem Publikum, »haben alle eines gemeinsam. Mit 18 Jahren wird jedes dieser Kinder eine Uniform anziehen und seinen Militärdienst zur Verteidigung des Staates Israel leisten müssen.«
Die WIZO sei derzeit vor allem im Süden Israels gezwungen, massiv in neue Schutzräume zu investieren, um die Sicherheit der betreuten Frauen und Kinder auch bei Raketenbeschuss durch die Hamas gewährleisten zu können. »Unser Engagement für die WIZO ist Ausdruck unserer uneingeschränkten Solidarität mit diesen Eltern in Israel«, sagt Schnabel eindringlich.
Glück Aus Frankfurt jedenfalls gehen an diesem Abend gute Nachrichten nach Israel. Mehr als 550 Patenschaften werden bis zum Ende der Gala gezeichnet. »Und erfahrungsgemäß kommen noch einige hinzu«, meint Diana Schnabel.
Schnabel weiß, wem sie den Erfolg auch zu verdanken hat: der unermüdlichen Frauenpower. Herzlich bedankt sie sich daher bei ihrer Vorgängerin als WIZO-Präsidentin Rachel Singer. »Du hast uns alle zu echten WIZO-Frauen erzogen.« Von ihrer Kraft und Energie zehrten die Frauen und ließen es nicht zu, dass sie sich auf ihrem Titel »Ehrenpräsidentin« ausruhe.
Schnabel begrüßt die Grandes Dames der Frankfurter WIZO Miriam Gertler und Rosalie Orlean. Aus dem Rheinland waren Orly Licht, Anja Adirim, Ruth Rubinstein und Gisèle Spiegel gekommen. Sie vergisst aber auch nicht die WIZO-Ehemänner, die einiges erlitten, wenn sie – wie Dieter Graumann und ihr eigener Mann Jacky – stoisch ihr Dasein ertragen und die Sache der WIZO als »Freunde und Fürsprecher« unterstützen.
Eine große Gemeinschaft in Deutschland, eine große weltweit.» Mit 250.000 Mitgliedern sind wir eine der größten internationalen Frauenorganisationen, von der UNO als NGO anerkannt und Mitglied der UNICEF. Ich hoffe, Sie merken, mit welchem Stolz ich das sage?«
»Sehr glücklich und hundemüde« beschreibt sie noch zwei Tage später ihren Zustand. Der Glamour, die Party sind vorbei. Der überwältigende Eindruck bleibt.
Dieter Graumann:
Der Präsident des Zentralrats der Juden lobte das Engagement der WIZO-Frauen: »Die WIZO-Verrücktheit, die WIZO-Manie, sind inzwischen Legende«. Zugleich erinnerte er daran, dass die WIZO im sozialen Netz Israels eine wichtige Rolle spielt. »Die WIZO ist dort, wo der Staat oft fehlt, leider sogar oft fehlen muss.« Denn obwohl Israel von den reinen Wirtschaftsdaten aus betrachtet, zu den führenden Wirtschaftsnationen dieser Welt zähle, sei es gezwungen, einen Großteil der Mittel in die Sicherheit seiner Bürger zu investieren. »Denn die Islamisten bemängeln an Israel nicht konkret, was es tut oder etwa nicht tut, sondern schon alleine, dass es überhaupt existiert.« Westlichen Kritikern Israels warf er vor, aus »sicherer Entfernung« heraus Ratschläge zu geben, ohne zu berücksichtigen, dass Israel weiter das einzige Land sei, »das seine Feinde nicht nur besiegen, sondern das sie auslöschen und vernichten wollen«. Israel-Bashing sei in Deutschland in Mode gekommen. Die Linkspartei nannte er als ein Beispiel. Gleichermaßen Anlass zur Hoffnung wie zur Skepsis böten die jüngsten Entwicklungen in der arabischen Welt: »Ob jedoch auf den arabischen Frühling am Ende wirklich ein richtiges Sommermärchen folgt, weiß keiner. Es kann sogar auch ein klirrend kalter arabischer Winter werden, sogar eine arabische Eiszeit – alles ist möglich.«