Derzeit sammelt die Jüdische Landesgemeinde Thüringen in Erfurt Spenden für die Restaurierung der ältesten Tora des Landes. »Die Buchstaben sind teils verwischt, das Pergament eingeknickt«, erklärt Landesrabbiner Konstantin Pal, warum die Schriftrolle in diesem Zustand nicht mehr für Gottesdienste verwendet werden darf. Nach einem entsprechenden Voranschlag werden sich die Kosten für die Restaurierung auf 7000 Euro belaufen.
Die ersten Spenden für die Erneuerung sind inzwischen bei der Jüdischen Landesgemeinde eingegangen. Der Bischof und auch die Landtagsfraktion der Linken haben Geld überwiesen. Weitere Spenden gab es von dem Kulturverein des Kaisersaales sowie des Ritterordens »Cordon Bleu du Saint Esprit«. »Natürlich sind wir sehr froh darüber, aber es reicht bei Weitem nicht aus«, sagt Pal mit Blick auf die finanzielle Situation der Landesgemeinde.
Nachkriegsgemeinden Die Schriftrolle ist etwa 150 bis 200 Jahre alt und stammt aus Deutschland – möglicherweise von einer der Nachkriegsgemeinden, die es bis 1952 noch in Nordhausen, Mühlhausen, Gera, Eisenach und Weimar gab. Später, nach den Slansky-Prozessen, waren die meisten Juden Thüringens in den Westen oder aber nach Israel gegangen, sodass es fast keine Jüdischen Gemeinden mehr im heutigen Thüringen gab.
Noch im Herbst soll die Tora nach Hannover zum Sofer gebracht werden. Die Wiederherstellung wird rund ein Jahr dauern. Bis dahin muss eine der anderen Sifrei Tora für die Schabbatgottesdienste genutzt werden. Doch daran besteht kein Mangel. Insgesamt besitzt die Jüdische Landesgemeinde elf Schriftrollen.
Rettung Um die älteste Tora ranken sich verschiedene Legenden. Möglicherweise hatte sie die katholische Kirche während des Holocaust versteckt. Oder aber zwei Erfurter Geschwister haben sie auf dem Handwagen quer durch die Stadt gerettet. Die Schwestern wurden später zwar deportiert, überlebten jedoch den Holocaust.
Derzeit hat die Erfurter Gemeinde 800 Mitglieder. Nur 20 von ihnen wurden in Deutschland geboren. Die anderen Mitglieder kommen überwiegend aus Russland, der Ukraine und Weißrussland. Wie in vielen anderen Gemeinden hat auch die Landesgemeinde Thüringen das Problem, dass viele Zuwanderer lediglich einen jüdischen Vater und keine jüdische Mutter haben und deshalb nicht in die Gemeinde aufgenommen werden können. In der ehemaligen Sowjetunion waren sie jedoch unter der Rubrik »Nationalität« als »Juden« registriert worden und konnten als Angehörige jüdischer Kontingentflüchtlinge nach Deutschland einwandern.