Lang anhaltender Applaus brandet auf, als am vergangenen Donnerstagnachmittag in der Karlsruher Nordweststadt zwei Schilder enthüllt werden. »Julius-Hirsch-Straße« und »Gottfried-Fuchs-Platz«.
Die Stadt würdigt mit der Umbenennung eines Teilstücks des Karlsruher Wegs sowie eines Freiareals am Karlsruher Weg/Ecke Berliner Straße zwei Männer, die in Karlsruhe einst Großes leisteten. Julius Hirsch und Gottfried Fuchs waren Spitzenfußballer und Juden. Sie trugen das Trikot der deutschen Nationalmannschaft und führten 1910 den Karlsruher Fußballverein (KFV) zum deutschen Meistertitel.
Sie spielten damals in einem Stadion in unmittelbarer Nähe des Platzes, an dem heute die Schilder ihre Namen tragen. »Es ist ein passender Ort«, zeigt sich Oberbürgermeister Frank Mentrup überzeugt. Dennoch gab es Widerstand gegen die Umbenennung, von der unter anderem ein Seniorenheim betroffen ist. Keiner habe dabei etwas gegen die jetzt Geehrten gehabt, betont der Karlsruher Rathauschef. Es sei einigen Anwohnern lediglich um den bürokratischen Aufwand gegangen, etwa das Umschreiben von Ausweisen.
Lob An diesem Nachmittag ist keine Kritik mehr zu hören. Hirschs und Fuchs’ Tore gingen in die Fußballgeschichte ein. Ihre Spielweise war so fulminant, dass der einstige Bundestrainer Sepp Herberger einmal sagte: Vor allem der Karlsruher Innensturm mit Fuchs und Hirsch sowie dem Spieler Fritz Förderer imponiere ihm »mit seinen technischen Kunststücken und bestechenden Kombinationszügen so sehr, dass ich sie heute noch in der Erinnerung nachziehen könnte«.
Das Stadion von einst gibt es längst nicht mehr. Ein Spielplatz befindet sich heute unter anderem auf dem Areal, auf dem jetzt »zwei Freunde wieder zusammenkommen«, wie es heißt. 1938 konnten sie sich ein letztes Mal die Hand geben: in Paris. Fuchs, der schon 1928 nach Berlin umgezogen war, gelang mit seiner Familie die Flucht nach Kanada. 1972 starb er in Montreal-Westmont.
Hirsch blieb in Karlsruhe. Einem Ausschluss aus dem KFV kam er mit seinem Austritt zuvor. Auf einem Schuttplatz des städtischen Tiefbauamtes musste er Zwangsarbeit leisten. Von seiner christlichen Frau ließ er sich scheiden, um sie und ihre beiden Kinder zu schützen. 1943 wurde er nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Lebenslauf In eindringlichen Worten zeichnet der Karlsruher Oberbürgermeister die Geschichte der beiden Männer nach. An diesem Tag sind viele Menschen zusammengekommen, um an sie zu erinnern, unter ihnen der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger und der Holocaust-Überlebende Paul Niedermann, zahlreiche Stadträte, Parlamentarier, Vertreter der jüdischen Gemeinde sowie Kinder und Enkel der beiden Fußballer.
Sie beteuern, »welche Wertschätzung« die Platz- beziehungsweise Straßenbenennung ausdrücke, wie es auch Fuchs’ Tochter Natalie Fochs Isaacs formuliert. »Ich bin heute sehr bewegt«, sagt Fuchs’ Enkelin Andrea Knight. »75 Jahre nachdem sich die Freunde das letzte Mal die Hand geben konnten, können wir uns heute nicht nur die Hand reichen, sondern uns auch umarmen«, sagt Monica Heller, eine weitere En-kelin von Fuchs.