Frankfurt am Main

Soziales Gewissen

Beni Bloch ist wohl der Einzige in Deutschland, der zum Urlaubmachen gezwungen werden muss. Foto: Marco Limberg

Im Internet finden sich gleich mehrere seines Namens: etwa ein Rechtsanwalt aus Zürich, ein israelischer Physiker oder ein Pharmahändler aus Ostdeutschland. Doch in Frankfurt gibt’s nur den einen Benjamin Bloch – und die meisten Mitglieder der Jüdischen Gemeinde kennen ihn.

Denn Benjamin »Beni« Bloch ist nicht nur seit 1987 Direktor der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST). In der Main-Metropole sitzt er auch seit Jahrzehnten im Gemeindevorstand und fungiert derzeit unter anderem als Dezernent für die Lichtigfeld-Schule, die Religionsschule »Jeschurun« und das Altenzentrum.

Außerdem ist er seit elf Jahren Präsident des Jüdischen Nationalfonds – Keren Kayemeth Le Israel (JNF-KKL). Eine Menge Jobs für einen Mann, der am 14. Februar seinen 70. Geburtstag feiert und mithin ein Alter erreicht hat, in dem sich andere längst nur noch der Gartenpflege widmen oder auf eine Kreuzfahrt gehen.

Herausforderungen Doch einem ruheständlerischen Müßiggang zu frönen, erscheint dem gebürtigen Jerusalemer reichlich absurd: »Warum sollte ich aufhören zu arbeiten?«, fragt er verblüfft. »Ich bin doch noch im Vollbesitz meiner Kräfte! Meine Arbeit ist so interessant wie herausfordernd, und ich fühle mich dem gewachsen. Allerdings«, räumt Bloch ein, »sagen mir meine Mitarbeiter schon auch, ich solle langsamer machen und nicht um sechs Uhr morgens mit dem Sprinter nach Berlin und am nächsten Tag zur selben Uhrzeit zurückfahren.«

Gegen Ruhe und Entspannung hat Bloch gar nichts einzuwenden: Er sei durchaus froh, wenn er zu Haus sei, klassische Musik auflegen und ein gutes Buch lesen könne. Hin und wieder unternehme er kurze Ausflüge, und im vergangenen Jahr habe er sogar eine dreiwöchige Kur gemacht. Doch allzu häufiges Zurückschalten oder dauerhaftes Pausieren hat für Bloch keinen Reiz.

Urlaub »Ich bin wahrscheinlich der Einzige in der ganzen Republik, der per Beschluss zum Urlaubmachen gezwungen werden muss«, sagt Bloch schelmisch und zeigt das Protokoll der jüngsten ZWST-Vorstandssitzung. Dort steht es schwarz auf weiß: »Herrn Bloch wird weiterhin nahegelegt, ab 2013 Urlaub zu nehmen.«

Woher er für all seine Aktivitäten die Energie nimmt, erklärt Bloch unter Verweis auf seine lakonische Gemütsruhe: »Ich nehme mir Zeit und nicht das Leben.« Außerdem gebe es eine gute Verwaltung in der Jüdischen Gemeinde und eine gute Schulleitung, betont er: »Die machen die meiste Arbeit und wir nur den Rest. Ich bin vielleicht der Motor der ZWST, aber die Mitarbeiter sind das Öl.« Gemeinsam habe das Team »viel erreicht«, resümiert er. »Ich kann mich glücklich schätzen, die anderen zu haben.«

Treffpunkt Besonders stolz ist er darauf, dass »die Mauer des Schweigens« mittlerweile durchbrochen und die Behindertenarbeit in die Gemeinde integriert sei. Und er ist zufrieden, einen Treffpunkt für Holocaust-Überlebende eingerichtet zu haben. Die für ihn wichtigste »Erfolgsgeschichte« war und ist aber »die Integrationsarbeit für die russischsprachigen Juden«.

Als die Zuwanderung begann, habe ihn Heinz Galinski gebeten, ein Ferienlager für russische Kinder und Jugendliche zu organisieren. »Das war das erste und das letzte Mal, dass ich so etwas gemacht habe«, echauffiert sich der große gewichtige Mann noch heute: In den nächsten Ferien fuhren bereits die Kinder der Zuwanderer und die der Alteingesessenen gemeinsam – »und heute ist das ganz normal«.

Dass einige Lichtigfeld-Schüler Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache haben, wertet Bloch nicht als Zeichen mangelnder Integrationsangebote: »Es gibt keine Schule mit so viel Förderunterricht wie unsere«, hebt er die fortwährenden Bemühungen hervor.

Preise Dass die Arbeit der ZWST unter der Leitung von Bloch fruchtet, gesehen und gewürdigt wird, davon zeugen zahlreiche Preise, die der 70-Jährige entgegengenommen hat: Dazu zählen unter anderem der israelische »Max-M.-Fisher-Preis für jüdische Bildung in der Diaspora« und das Bundesverdienstkreuz. »Das sind für mich nicht nur Zeichen der Anerkennung«, resümiert Bloch. »Das zeigt mir auch, dass sich Engagement und Einsatz lohnen. Wenn man ehrlich und aufrichtig ist, erkennt die Gemeinschaft die Arbeit an.«

Und was plant und wünscht er sich für die Zukunft? Da muss Beni Bloch nicht lange nachdenken, denn »wenn mir etwas nicht fehlt, sind es Ideen«. So steht auf seiner Agenda etwa der »Aufbau einer Berufsbildungsstätte« für Jobs innerhalb der Jüdischen Gemeinde. Und auch seine Wünsche formuliert er präzise: »Gute Gesundheit, Glück, Zufriedenheit – und dass wir die ZWST weiter stärken.«

Frankfurt/Main

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