Die jüdische Gemeinde Düsseldorf muss einen herben Verlust verschmerzen. So sieht es jedenfalls Geschäftsführer Michael Szentei-Heise. Rabbiner Julian Chaim Soussan hat sich am vergangenen Schabbat von der Gemeinde verabschiedet. Sie richtete seiner Familie und ihm einen festlichen Kiddusch aus. Szentei-Heise ist geschockt: »Klar, ganz überraschend kam der Abschied nicht. Die politischen Wirren des vergangenen Jahres haben leider auch das Rabbineramt nicht unbeschadet gelassen. Wir sind sehr, sehr traurig darüber«, sagt Szentei-Heise der Jüdischen Allgemeinen.
Ersatz Ein Präsidiumsmitglied des Zentralrats der Juden habe wohl noch drastischere Worte zu der Tatsache gefunden, dass wohl der beste orthodoxe Rabbiner Deutschlands Düsseldorf verlasse. Wohin, weiß niemand. »Er selbst wohl auch nicht«, meint Szentei-Heise. Es werde schwer sein, einen ebenbürtigen Ersatz zu finden.
oussan hatte sich nicht nur innergemeindlich seit seinem Amtsantritt 2003 einen sehr guten Namen erworben. Als ständiges Mitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz habe er wesentlich den Dialog mit den christlichen Kirchen geführt und damit auch die Gemeinde Düsseldorf repräsentiert. Der Geschäftsführer beschreibt ihn als »Kapazität, integer, loyal und fachkundig«.
Soussan war zunächst als Religionslehrer von Stuttgart, wo er zehn Jahre lang tätig war, nach Düsseldorf gekommen. Der in Freiburg geborene Sohn des marokkanisch-sefardischen Rabbiners Benjamin Soussan hatte zunächst Volkswirtschaft und Judaistik in Heidelberg studiert, bevor er sich ganz auf das Studium der Judaistik konzentrierte. Er ist verheiratet und hat zwei Söhne.
Außendarstellung In Düsseldorf amtieren zwar derzeit mit Zwi Kaplan, der inzwischen recht passabel deutsch spricht, und Michael Kogan zwei weitere Rabbiner. Beide könnten die Gemeinde jedoch nicht nach außen vertreten. »Intern ist die religiöse Versorgung vor allem der russischsprachigen Mitglieder sichergestellt. Durch Rabbiner Kaplan auch der deutschen«, sagt der Geschäftsführer.
Doch ein wenig scheint Szentei-Heise mit dem Abschied des 43-jährigen Rabbiners das äußere Ansehen der Gemeinde beschädigt zu sehen. »Wir haben ja auch nicht nur den Verlust des Rabbiners zu beklagen, sondern den der Leiterin der Religionsschule: Rebbetzin Soussan war beliebt und erfolgreich. »Sehr unglücklich, anders lässt sich unser Zustand und das Gefühl vieler Gemeindemitglieder nicht beschreiben«, sagt der Geschäftsführer, der dringend einen aufgeschlossenen orthodoxen Rabbiner finden muss. »Aber das ist eine Suche im Heuhaufen.«