Konzert

Soft, aber kein Softie

Idan Raichel Foto: Marina Maisel

Jedes Mal, wenn der Liedermacher Idan Raichel nach München kommt, sind die jungen und jung gebliebenen Gemeindemitglieder, die sogenannten Alteingesessenen, Zuwanderer-Twens und Israelis in München in schönster Eintracht im Muffatwerk auf der Museumsinsel versammelt. Bereits im Februar 2014 lockte der israelische Popstar mit einem Piano-Konzert, zu dem er Musiker verschiedener Nationalitäten und Musiktraditionen – live und elektronisch dazugemixt – einlud.

Als ihn nun, zwei Jahre später, die Promotion-Tour für sein neues Album At the Edge of the Beginning wieder nach München führte, gab es im Ampere des Muffatwerks dasselbe Bild: eine Halle voller Leute, die sich im Wechsel von schlichtem Piano, sphärischen Klängen – die Raichel durch intensiven, geschickten Gebrauch der Klavierpedale erzeugt – und einfühlsamen Liedtexten sanft ihrem eigenen Swing hingaben.

Harmonie Raichel schafft es wie kein Zweiter, mit einfachsten Mitteln Harmonie in seine Lieder und das Gefühlsleben seiner Zuhörer zu bringen. Trotzdem käme niemand auf die Idee, diesen Mann mit seiner sanften Stimme und seinen rockweiten Hosen für einen Softie zu halten.

Zu Beginn des Konzerts gab sich Raichel erleichtert, dass keine Demonstranten vor dem Eingang warteten. Er verwies auf die antiisraelische BDS-Kampagne (Boykott, Divestment, Sanktionen), die sich auch gegen Künstler richtet. Dies sei furchtbar, so Raichel, er vertraue dem Dialog. »Wer Angst hat, das Eigene zu teilen«, sagte Raichel, verliere am Ende. Und fügte hinzu: »Wir sind Israelis, wir haben nicht das Privileg, Angst zu haben.«

Wie stets brachte Raichel ein Team hervorragender Musiker mit, dieses Mal die Sänger Maya Avraham und Avi Wodgderess Vasa, den Bassisten Yogev Glusman und – wie beim letzten Mal – den Schlagzeuger Gilad Shmueli. Neugierig auf die Arbeit von Musikerkollegen, lud er Mamadou Diabate, den er erst am Tag seines Auftritts in München kennengelernt hatte, zu sich auf die Bühne. Der Sohn eines Stammesfürsten aus Burkina Faso brachte ein Saiteninstrument namens Ngoni und sein Balafon mit, eine Art afrikanisches Xylofon – und dann begann eine hinreißende Improvisation.

Rastalocken Übrigens erzählt Raichel stets neue Geschichten aus seinem Leben auf der Bühne. Unter seinem Turban gibt es keine Rastalocken mehr, weil seine »Lady« es so wollte, berichtete er. Und da seine Großmutter aus Berlin und seine Frau aus Wien stamme, könne er immerhin so viel Deutsch, dass er den regelmäßigen Ausruf seiner Frau »Oh, mein Gott!« auf sich zu beziehen weiß. Inzwischen gibt es zwei weitere, noch sehr kleine Frauen in seinem Leben: nämlich seine Töchter. Insofern sei ihm inzwischen auch »Pippi Langstrumpf« ein Begriff.

Sein Konzert beendete der Musiker mit dem Trost: »Ein gutes Konzert endet nach zwei Stunden, ein sehr, sehr gutes gar nicht.« Wie wahr, seine Zuhörer hatten gar nicht gemerkt, wie lange sie nonstop auf den Beinen gewesen waren. Die Melodien klangen in ihnen noch nach, als die vielen Autogrammjäger längst auf dem Heimweg waren.

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