Nach fünf langen Jahren hat das Oberlandesgericht München am vergangenen Mittwoch im NSU-Prozess sein Urteil gesprochen. Lebenslange Haft, mit der Feststellung einer besonderen Schwere der Schuld, erhielt Beate Zschäpe, die Hauptangeklagte. Sie war nach Überzeugung des Gerichts an der beispiellosen Mordserie beteiligt, der zwischen 2000 und 2007 neun Menschen mit Migrationshintergrund und eine Polizistin zum Opfer fielen.
Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, die den Prozessverlauf aufmerksam mitverfolgt hatte, bezeichnete das Urteil als »Sieg für den Rechtsstaat. Nach dem Schock rund um die Aufdeckung der Terrorzelle, die jahrelang unbehelligt gemordet hatte, ist das heutige Urteil auch ein Signal, dass unser Staat wehrhaft gegen rechtsextreme Gewalttaten vorgeht«.
Aufarbeitung Trotz vieler Störfeuer und Hemmnisse habe sich das Gericht nicht beirren lassen und ein hohes und gerechtes Strafmaß festgelegt, erklärte Charlotte Knobloch. »Das«, so die IKG-Präsidentin, »ist heute die entscheidende Botschaft.« Die Schuldsprüche sind nach ihrer Überzeugung »ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Aufarbeitung des Terrors durch den sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund«.
Zugleich betonte sie aber, dass der Urteilsspruch nur eine Etappe auf dem Weg zur vollständigen Aufarbeitung und Aufklärung sein könne. Das Oberlandesgericht, so die IKG-Präsidentin, habe zwar intensiv nach der Wahrheit geforscht, dennoch seien viele Fragen offengeblieben. Ein endgültiger Schlussstrich im NSU-Komplex könne deshalb auch nicht gezogen werden.
Vor dem Hintergrund der Gerichtsentscheidung forderte Charlotte Knobloch, den Kampf gegen Extremismus verstärkt fortzuführen. Zwar könne kein Urteil der Welt den Angehörigen der Mordopfer ihre Lieben zurückgeben, aber Ziel müsse es sein, dass anderen Menschen derartiges Leid erspart bleibe. »Einen zweiten NSU darf es nie mehr geben«, betonte Knobloch.
Pflicht Im Kampf gegen Rechtextremismus, Intoleranz und Hass sind nach Überzeugung von Charlotte Knobloch alle Teile der Gesellschaft gefordert. Dies müsse ein Gemeinschaftswerk von Politik, Justiz und Zivilgesellschaft sein.
Knobloch wies zudem darauf hin, dass jede Demokratie und jede offene Gesellschaft nur so stark sein können wie deren Protagonisten, die sie gegen ihre Gegner auch verteidigen. »Hier stehen alle in der Pflicht«, so die IKG-Präsidentin.