Der Zwölfjährige wird etwas blass. Er meldet sich und fragt, ob es denn reiche, wenn man sich entschuldigt, falls man einen anderen Schüler auf der Internet-Seite »iShareGossip« beschimpft haben sollte. Er frage nur mal so. Das könne er nicht beantworten, sagt Frank Spaeing, der in den vergangenen Wochen Vorträge über den Datenschutz in der Jüdischen Oberschule hielt. Manche Betroffene seien empfindlicher als andere. Aber aufgrund der sehr persönlichen Beleidigungen, die bei »iShareGossip« ausgetauscht würden, habe es bereits Anzeigen gegeben. »Und ich bin mir sicher, dass die Urbeber ermittelt und den Behörden gemeldet werden«, warnt der Internetexperte.
Nutzung Die Schülervertreter der Jüdischen Oberschule hatten von der Initiative »Datenschutz geht zur Schule« des Berufsverbands der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) gehört und beschlossen, Frank Spaeing einzuladen. Er sollte ihnen demonstrieren, wie sie sicherer mit Computer und Handy im Netz unterwegs sein können. »Ich möchte euch nichts verbieten, ich möchte nur erreichen, dass ihr vorsichtiger werdet.«
Spaeing spielt ein Video ab. Ein Mann bestellt telefonisch eine Pizza. Der Bestelldienst identifiziert den Anrufer über die Telefonnummer und erfährt so fast alle Daten des Mannes, wo er beispielsweise wohnt, dass er zwei Kinder hat und er den Käse wegen seines Übergewichtes lieber nicht nehmen sollte. Auch kann er orten, wo sich der Kunde gerade aufhält. Der Verkäufer sieht zudem, dass die Kreditkarte gesperrt ist, da er seinen Flug nach Rom immer noch nicht bezahlt hat. »Ist das noch Zukunftsmusik oder schon möglich?«, fragt er. Die Schüler sind unentschieden, etliche halten es jetzt schon für Wirklichkeit. »Möglich ja, aber nicht alles erlaubt«, erläutert Spaeing.
Falle Das Internet werde immer häufiger zu einer gefährlichen Falle für Jugendliche. Schüler mobben sich gegenseitig mit strafrechtlich relevanten Verbalattacken. Andere stellen Bilder von wilden Partys ins Netz und bedenken dabei kaum, dass fast nichts im Internet verloren geht.
Mobbing ist nicht mehr nur ein Thema in Klassenzimmern und auf Schulhöfen, sondern als Cyberbullying eine vor allem von Kindern und Jugendlichen unterschätzte Gefahr, sagt der stellvertretende Schulleiter Uwe Jacobs. Auch in der Jüdischen Oberschule sei das ein Thema. Per Handy und Computer seien viele Jugendliche ständig online, stellen dabei ungefiltert sehr persönliche Informationen oder Nachrichten ins Netz.
»Ich habe mir gestern schon mal eure Bilder in einem sozialen Netzwerk angeschaut«, sagt Spaeing. Die Siebtklässler schauen ihn verunsichert an. »Und wenn ich das kann, dann können das auch jeder Spinner und Abzocker.«
Man müsse noch keine 18 sein, um geschäftsfähig zu sein und auf einen der vielen Nepps mit Software oder Klingeltönen reinzufallen, meint er. »Und wichtig ist auch, dass das Internet nichts vergisst – und eure Daten für jeden dauerhaft einsehbar sind.« Das könnte später schädlich für die berufliche Karriere werden. Denn auch Personalchefs könnten im Netz von der ein oder anderen Jugendsünde potenzieller Bewerber erfahren. Er rät, das auf jeden Fall stets zu beachten.
Zudem sollten Internetnutzer sichere Passwörter – mindestens zwölfstellig mit Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen – verwenden und diese häufig ändern. Wer sich Songs aus dem Internet laden möchte, sollte sie sich über Internetradios holen und nicht von illegalen Seiten, wofür man später noch eine dicke Rechnung bekommen könnte. Wer ein Programm braucht, sollte sich bei den Webseiten diverser Computer-Zeitungen schlau machen. »Seid misstrauisch. Wer unsicher ist, ob etwas erlaubt ist, soll seine Eltern fragen, denn die erhalten später die Rechnung.«