München

Schule mit Tradition

In der vergangenen Woche wurde im Gemeindezentrum am Jakobsplatz eine Erfolgsgeschichte gefeiert, die im Spätsommer letzten Jahres mit vielen Hoffnungen verbunden startete und einen Meilenstein im jüdischen Leben Münchens und weit darüber hinaus darstellt. Der lang gehegte, zwischendurch ruhende, aber nie aus den Augen gelassene Traum eines jüdischen Gymnasiums in München, dem einzigen in ganz Bayern, ist Wirklichkeit geworden.

Es gibt viele Faktoren, an denen sich die Bedeutung dieser so besonderen und doch perfekt an das staatliche Schulsystem angepassten Bildungseinrichtung ausmachen lässt. Das erhöhte Nervositätslevel der ersten elf Schüler am Festabend wäre zum Beispiel ein Gradmesser, oder das ihrer Eltern und Familienangehörigen. Immerhin nahm selbst ein Minister an dem Festakt teil. Das bunte Programm des Abends, an dem sie mitwirkten, bewältigten die neuen Gymnasiasten souverän.

Stellenwert Ein anderer Hinweis auf die Bedeutung des Jüdischen Gymnasiums in München ist auf der Website des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zu finden. Auf der Homepage wird der offiziellen Eröffnungsfeier, der Geschichte und der gesellschaftlichen Einordnung des Gymnasiums breiter Raum eingeräumt. Das Berliner Ministerium signalisiert damit, dass die Eröffnung dieses Gymnasiums einen ganz besonderen Stellenwert hat.

Auch IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch brachte derartige Überlegungen in ihrer Rede bei der Eröffnungsfeier zum Ausdruck. »Wir bieten jüdischen und nichtjüdischen Kindern die Möglichkeit, gemeinsam zu lernen – miteinander, voneinander, übereinander. Das ist nicht nur ein Weg zum Abitur, das ist auch eine Schule für eine friedliche, liberale, demokratische Gesellschaft.«

Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle bezeichnete bei dem Festakt die Gründung eines jüdischen Gymnasiums als Symbol des engen Verhältnisses zwischen dem Freistaat und der jüdischen Gemeinschaft. Es knüpfe an die reiche jüdische Bildungstradition in München an, die unter dem Nationalsozialismus zerstört worden und nach dem Krieg nur noch einmal kurz aufgeflammt sei. »Die jetzt erfolgte Gründung der einzigen weiterführenden jüdischen Schule in Bayern«, betonte Spaenle, »ist für mich von großer historischer und politischer Bedeutung.«

Vorläufer Zwei Ehrengäste, langjährige Mitglieder der IKG, die mit besonderem Interesse an der Festveranstaltung teilnahmen, rückten in diesem Zusammenhang ganz besonders in den Mittelpunkt: Ruth Melcer und Zelig Rosenblum. Sie haben den Holocaust überlebt und nach dem Krieg das nur wenige Jahre existierende Hebräische Gymnasium in der Neuberghauser Straße besucht, den Vorläufer des neuen Jüdischen Gymnasiums. Es musste schließen, weil fast alle Juden München verlassen hatten.

Im Jahr 2017 ist die IKG München und Oberbayern eine blühende Gemeinde – und eine tatkräftige. Stadtschulrätin Beatrix Zurek sprach in ihrer Rede das »sportliche Tempo« an, mit dem die Pläne für das Jüdische Gymnasium in nur 18 Monaten bis zur Verwirklichung umgesetzt worden waren. Bereits innerhalb dieses einen zurückliegenden Jahres sei es zu einem nicht mehr wegzudenkenden Teil der Münchner Schullandschaft geworden. »Ich bin stolz, dass wir in München ein Jüdisches Gymnasium haben«, erklärte sie.

Über das dicke Lob von allen Seiten und die übereinstimmende Meinung, dass der Start erfolgreich gewesen ist, durfte sich auch Miriam Geldmacher freuen, die Leiterin des Gymnasiums. Sie verglich das neue Schulprojekt mit einem Dampfer, der in See gestochen ist. Und Charlotte Knobloch konnte zufrieden feststellen, dass im Bildungskonzept der IKG eine wesentliche Lücke geschlossen werden konnte. Jetzt sei ein durchgehender Bildungsweg mit jüdischem Profil vom Kindergarten bis zum Gymnasium sichergestellt, betonte sie. Auch Stadtschulrätin Beatrix Zurek lobte das pädagogische Konzept mit der intensiven Einzelbetreuung der Schüler ausdrücklich.

Charlotte Knobloch hat keine Zweifel daran, dass das Jüdische Gymnasium auch mittel- und langfristig seinen festen Platz im Schulsystem Münchens einnimmt und positive Impulse auslöst. »München«, erklärte sie, »ist heute für junge jüdische Familien und ihre Kinder eine außerordentlich liebens- und lebenswerte Heimat mit Zukunft. Dazu trägt auch das Jüdische Gymnasium entscheidend bei.«

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