Für Manfred de Vries, Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde Bad Nauheim, steht fest: »Wer ein Haus baut, der möchte auch bleiben.« Nun hat seine Gemeinde nicht im eigentlichen Wortsinne ein Haus gebaut, aber das interessiert während der Feierstunde, musikalisch begleitet von der Sopranistin Larissa Shumiatskaya, am Montagvormittag keinen der Gäste. Rund 30, darunter Vertreter der Stadt, des Wetteraukreises und des Hessischen Landtags, sind gekommen, um der Eröffnung des neuen Schulungszentrums der Gemeinde beizuwohnen, das nach drei Jahren Planung und Verhandlung fertiggestellt wurde. Für die Gemeinde ein echter Meilenstein, wie de Vries betont: »Wir möchten Zukunft gestalten. Dazu werden diese Räume maßgeblich beitragen.«
Angebote Auf den ersten Blick machen die beiden Seminarräume, die sich in einem Altbau gegenüber der Nauheimer Synagoge befinden, einen nüchternen Eindruck. Die Einrichtung ist zweckmäßig: Tische, Stühle und Flipcharts. »Doch nicht die Schönheit der Räume ist wichtig«, erklärt de Vries, »sondern wie diese mit Leben gefüllt werden.« Hier sollen unter anderem der Religions- und Deutschunterricht und Gesundheitskurse für Senioren angeboten werden.
Möglich machte dies die enge Zusammenarbeit von Gemeinde und Stadtverwaltung. So wurden die Räume von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft renoviert und zur Verfügung gestellt, während die Stadt selbst die Miete für das nach Josef Buchmann, einem aus Bad Nauheim stammenden Immobilienmagnaten und Förderer der Gemeinde, benannte Schulungszentrum übernimmt. Die Inneneinrichtung steuerte der Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Hessen bei.
Positive Zeichen »Wenn zusätzliche Räume nötig sind, ist das ein gutes Zeichen«, sagt Moritz Neumann, Vorsitzender des Landesverbandes und erinnert daran, dass bald der 65. Jahrestag des ersten Gottesdienstes in Bad Nauheim nach Ende der Schoa gefeiert wird. Das neue Schulungszentrum sei ein Beweis für eine florierende Gemeinde, die vor der Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion vom Aussterben bedroht war.
Die Integration der Zuwanderer sieht der Bad Nauheimer Bürgermeister Bernd Witzel als die wichtigste Aufgabe des neuen Schulungszentrums. Der Einrichtung habe daher eine wichtige Funktion für die Gemeinde und den gesamten Wetteraukreis. Der hessische Landtagspräsident Norbert Kartmann betont, dass es zu den Aufgaben des Schulungszentrum zählen müsse, das Wissen über die Gräuel der Schoa aufrechtzuerhalten, wenn es in bald keine Zeitzeugen mehr geben werde. »Wir müssen Brücken zur Vergangenheit bauen«, sagt Kartmann.