Die Halle auf dem alten jüdischen Friedhof in Oldenburg konnte die rund 200 Gäste nicht fassen, die zur Trauerfeier für Sara-Ruth Schumann gekommen waren. Unter ihnen Vertreter der Universität, der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Gemeinde und Landesverband, Familie und Freunde. Viele standen vor der Halle auf und neben dem Weg, auf dem sechs Träger der Chewra Kadischa, unter ihnen der Gemeindevorsitzende von Delmenhorst, Pedro Becerra, den einfachen Kiefernsarg in die Tahara-Halle trugen.
Sie alle verabschiedeten sich von einer großen Persönlichkeit der Stadt, deren Tod ein »schmerzlicher Verlust für uns alle ist«, wie Oberbürgermeister Gerd Schwandner sagte. »Ohne ihre menschliche Größe, ihre Versöhnlichkeit, ihr klares Verständnis und ihr offenes Wirken wäre Oldenburg eine weniger vielfältige Stadt.«
Biografie Die Trauerfeier leitete das Rabbinerehepaar Alina Treiger und Jona Simon gemeinsam, würdevoll, tief ergriffen und mit großem Respekt gegenüber der langjährigen Gemeindevorsitzenden. Rabbiner Jona Simon trug die Worte vor, die Sohn Thomas Schumann in Erinnerung an seine Mutter verfasst hat und die ihr Leben, ihr Schicksal aber auch ihren Mut und ihren Aufbauwillen widerspiegelten.
Landesrabbiner Jonah Sievers hob die Verdienste Schumanns vor allem beim Aufbau der jüdischen Gemeinde und ihr Wirken im Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachen hervor. »Im Landesverband diente sie bis zu ihrer Erkrankung als zweite Vorsitzende treu und loyal den Belangen – wohlgemerkt aller Juden in Niedersachsen, denn Sara-Ruth Schumann hat es geschafft, auch in den Zeiten der innerjüdischen Auseinandersetzung den Gesprächsfaden nie abreißen zu lassen.«
Worte, die den Trauernden aus dem Herzen sprachen. Schumann war verbindend, ohne dabei das Ziel aus den Augen zu verlieren, die Gemeinschaft zu erhalten, in der gleichberechtigt Männer und Frauen das Judentum leben, und das in tiefer jüdischer Tradition. Dies betonte auch der Landesvorsitzende Michael Fürst. Sein Grußwort verlas die dritte Vorsitzende Marina Jalowaia. Fürst nannte die vielen Ideen, die Schumann für die Gemeinde hatte und um die sie stets fair und beharrlich gekämpft habe.
Leerstelle »Sara-Ruth Schumann wird uns fehlen«, dieser Satz war an diesem Tag häufig zu hören, auch beim Empfang in der Gemeinde. Spontan traten Gemeindemitglieder ans Mikrofon und erinnerten in Anekdoten an das Wirken Schumanns. Pedro Becerra erzählte, wie sie sich in den späten 80er-Jahren als kleine Gruppe zusammengefunden und gemeinsam gelernt hatten, Grundstein auch für die spätere Gemeinde in Delmenhorst.
Rabbinerin Alina Treiger erfuhr mütterlichen Beistand, als sie selbst Mutter wurde, und bedankte sich für Rückhalt und Wärme, die sie von Schumann erhalten hat. Fania Abrahamson erzählte, dass die langjährige Vorsitzende notfalls auch allein ein Buffet für Veranstaltungen auf die Beine stellte. »Heute haben wir einen professionellen Koch dafür.« Und schließlich ein kleiner Junge, der sich bedankte, dass Sara-Ruth Schumann seiner Schwester und seinem Bruder noch im Krankenhaus bei den Vorbereitungen zur Barmizwa geholfen hatte. Schumann war Ende Oktober im Alter von 76 Jahren gestorben.