München

Sänger mit Leidenschaft

Die musikalische Ausgestaltung der Gottesdienste ist sein Beruf: Kantor Nikola David Foto: Helmut Reister

Von ihrem großen Ziel einer eigenen Synagoge ist Beth Shalom in München noch ein ganzes Stück entfernt. Tom Kucera, Rabbiner der zweitgrößten liberalen jüdischen Gemeinde Deutschlands, kann sich über die Entwicklung trotzdem freuen. Beth Shalom, das »Haus des Friedens«, hat jetzt einen eigenen Kantor. Nikola David, der schon seit Jahresbeginn in der Gemeinde tätig ist, wurde am Samstag feierlich und offiziell in sein Amt eingeführt.

Eine Stunde, bevor der Schacharit mit der Amtseinführung in der Beth-Shalom-Synagoge beginnt, gesteht Nikola David zwischen Chorprobe und Gesprächen mit Mitarbeitern und Gemeindemitgliedern offen ein: »Ich bin ein bisschen nervös.« Wenig später, als noch zusätzliche Stühle für die vielen Besucher und Beter gebraucht werden, ist längst klar, dass die Nervosität überflüssig gewesen wäre. Dem neuen Kantor schlagen die Sympathien von allen Seiten entgegen.

Kantorenausbildung Jascha Nemtsov ist Akademischer Direktor der Kantorenausbildung des Abraham Geiger Kollegs und extra wegen der Amtseinführung aus Potsdam angereist. Sechs Jahre lang war er »mein Professor, mein Mentor«, beschreibt Nikola David sein enges Verhältnis zu ihm. Der neue Beth-Shalom-Kantor muss es ihm auch leicht gemacht haben.

Nemtsov nennt zwei Hauptgründe für die Verbundenheit: »Seine menschliche Wärme« und »die Liebe zur Musik«. Die offene, herzliche und authentisch wirkende Art Davids ist auch im Vorstand der liberalen jüdischen Gemeinde München längst angekommen. Ilse Raetsch vom Vorstand verbarg bei den Feierlichkeiten die Freude über den kantoralen Neuzugang nicht, sprach von einem »ganz besonderen Tag«.

Dass seine Amtseinführung ein besonderer Tag wurde, dazu trug Nikola David selbst wesentlich bei. Die Gottesdienstliturgie, für deren musikalische Ausgestaltung er nun als Kantor verantwortlich ist, gehört zu einem von ihm besonders intensiv erforschten Bereich. David studierte in Potsdam und schrieb seine Bachelor-Arbeit über die Bedeutung von »Adan Olam«, das traditionelle Schlusslied im jüdischen Gottesdienst.

Die theoretischen Erkenntnisse, die er als Student des Geiger-Kollegs gewann, treffen bei Nikola David auf hohe Musikalität und eine profunde Ausbildung. In Serbien, wo er geboren wurde, ließ er sich zum Musikpädagogen und zu einem gefragten Opern- und Konzertsänger ausbilden, wirkte von 1992 bis 1998 als Solist am Nationaltheater, nahm Engagements in Erfurt, Augsburg und Dessau an.

Augsburg Den Weg, der ihn jetzt zur Liberalen Gemeinde Beth Shalom in München führte, trat er mit Beginn seiner Kantorenausbildung im Jahr 2008 an. Nach Abschluss des Studiums nahm er kantorale Aufgaben bei der Israelitischen Kultusgemeinde in Augsburg wahr. Da seine Familie, Frau und zwei fast erwachsene Söhne, gerade erst Fuß gefasst hat, wurde Nikola David Anfang des Jahres zum Pendler. Seitdem hat er die Halbzeitstelle bei Beth Shalom.

Rabbiner Tom Kucera ist seine Zufriedenheit über den personellen Neuzugang an den leuchtenden Augen abzulesen. »Es ist schön, einen eigenen Kantor zu haben, noch dazu von dieser Qualität«, schwärmt er am Rande der Festlichkeit. Davon konnten sich alle Gottesdienstbesucher auch selbst akustisch überzeugen.

Chor
Zum Beispiel durch den »Shalom Chor Berlin«, der eigens zu Ehren seines Leiters aus Berlin anreiste, um an der musikalischen Gestaltung der feierlichen Amtseinführung Nikola Davids mitzuwirken. »Das Amt, diesen Chor zu leiten, übe ich mit großer Freude aus. Es sind jüdische Sänger dabei, christliche und muslimische. Diese Liberalität ist ganz im Sinne von Beth Shalom«, kommentiert David.

Zu den Gästen der Zeremonie gehörte auch Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Ihr Angebot, einander näherzukommen und mehr Gemeinsamkeit zu entwickeln, nahmen die Beter von Beth Shalom ausgesprochen wohlwollend auf. »Nur gemeinsam ist die jüdische Gemeinde stark«, sagte Knobloch in der voll besetzten Synagoge.

Frankfurt/Main

»Mein Herz blutet«

In Israel herrsche »Balagan«, Chaos, sagt Chaim Sharvit. Er steht hier denen zur Seite, die zum ersten Jahrestag des 7. Oktober dunkle Gedanken haben. Ein Besuch in Deutschlands größtem jüdischen Altenheim in Frankfurt

von Leticia Witte  14.10.2024

Gedenkveranstaltung

Steinmeier: Wer überlebt hat, trägt schwer an der Last

Fünf Jahre nach dem rechtsextremen Anschlag besucht Bundespräsident Steinmeier die Tatorte.

 09.10.2024

Frankfurt

Graumann und Grünbaum zur Doppelspitze in der Frankfurter Gemeinde gewählt

Den Vorstand vervollständigen Rachel Heuberger, Daniel Korn und Boris Milgram

von Christine Schmitt  09.10.2024

Berlin

»Ein bewegender Moment«

Am Donnerstag fand in Berlin die feierliche Ordination von zwei Rabbinerinnen sowie sechs Kantorinnen und Kantoren statt. Doch auch der monatelange Streit um die liberale Rabbinatsausbildung in Deutschland lag in der Luft

von Ralf Balke  09.09.2024 Aktualisiert

Neue Potsdamer Synagoge

Am Freitag wird der erste Gottesdienst gefeiert

Nach der feierlichen Eröffnung im Juli soll nun das religiöse Leben in der Synagoge in Potsdam langsam in Gang kommen. Am Wochenende sind erste Gottesdienste geplant

 06.09.2024

IKG

»Ein großer Zusammenhalt«

Yeshaya Brysgal zieht nach einem Jahr als Jugendleiter eine positive Bilanz und plant für die Zukunft

von Leo Grudenberg  04.09.2024

Keren Hayesod

»Das wärmt mir das Herz«

Der Gesandte Rafi Heumann über seinen Abschied von Berlin, deutsche Spielplätze und treue Spender

von Christine Schmitt  04.09.2024

Porträt der Woche

Sinn ernten

Caro Laila Nissen half nach dem 7. Oktober Bauern in Kibbuzim nahe Gaza

von Lorenz Hartwig  01.09.2024

Frankfurt

Dinner mit den »Zweiflers«

Die Jüdischen Filmtage überzeugen durch ein breites Spektrum an Angeboten

von Johanna Weiß  30.08.2024