Bis kurz vor dem geplanten Reisetermin stand noch nicht fest, ob dieses besondere Vorhaben klappen würde: Erstmals sollte eine Gruppe von behinderten und nichtbehinderten Gemeindemitgliedern aus Deutschland gemeinsam nach Israel reisen. Die Finanzierung sei eine sehr große Herausforderung gewesen, sagt Olga Rosow, Leiterin der Sozialabteilung der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf und mit dem Projekt betraut.
Zur Sozialabteilung gehört seit mehr als zehn Jahren die Gruppe »HaTikwa«, »Hoffnung«. Einmal in der Woche treffen sich die Mitglieder, Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen, in Räumen der Gemeinde. Hoffnung hatten die Verantwortlichen rund um Olga Rosow, dass sich die lang gehegte Idee und der große Wunsch der Gruppe, einmal nach Israel zu reisen, umsetzen ließe.
jubiläum »Das Thema Israel ist immer präsent, man feiert gemeinsam jüdische Feiertage. Der Wunsch, auch einmal nach Israel zu fahren, bestand schon seit Jahren«, sagt Olga Rosow. Finanziell, logistisch und organisatorisch sei dies auf privater Ebene bislang jedoch nicht möglich gewesen. »Für diese heterogene Zielgruppe im Alter zwischen 18 und 85, mit unterschiedlichen Behinderungen, braucht man ganz spezielle Angebote, und diese wollten wir mit der gemeinsam organisierten Gruppenreise schaffen – wir haben beschlossen, wir versuchen es«, erinnert sich die Leiterin der Sozialabteilung.
Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Gruppe im vergangenen Jahr sollte die Idee in die Tat umgesetzt werden. Unterstützung kam vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein. Die dortige Mitarbeiterin Inna Goudz befasste sich mit Fundraising bei Stiftungen, Unternehmen und Organisationen sowie der Reiseplanung. Die israelische Fluggesellschaft EL AL wurde als Partner gewonnen und stellte ein Reiseprogramm zusammen. Olga Rosow betont die gute Zusammenarbeit mit der Fluggesellschaft. »Geduldig, entgegenkommend, verständnisvoll und ein gutes finanzielles Angebot.«
Finanzierung Bald standen mit der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Axel-Springer-Stiftung die ersten Geldgeber fest. Doch das Ziel – 60.000 Euro – war noch lange nicht erreicht. Das Amt für soziale Sicherung der Stadt Düsseldorf steuerte 10.000 Euro bei. Schließlich sprangen die Gemeinden ein. Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf, die mit elf Personen die meisten Reiseteilnehmer stellte, steuerte 20.000 Euro zur Finanzierung bei. Da sich der Kreis der Gruppe über Bonn, Mönchengladbach, Recklinghausen, Dortmund und Herne erstreckt, kam neben dem Eigenanteil von 500 Euro pro Person auch aus den jeweiligen Gemeinden und dem Landesverband Unterstützung.
»Es ist de facto so, dass diese Menschen keine Lobby haben, sie sind nicht so präsent in den Köpfen, oft unsichtbar im Gemeindeleben. Dann haben die Gemeinden, was uns sehr glücklich macht, sofort reagiert und haben zugesagt, die Restsumme zu begleichen«, freut sich Olga Rosow. Nach den Turbulenzen im Vorfeld mit der Finanzierung begann die Reise dann morgens um vier Uhr mit dem Bus von Düsseldorf zum Frankfurter Flughafen. Von Frankfurt aus ging es Richtung Tel Aviv. Zehn Tage Israel lagen vor den 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die von den Gruppenleiterinnen Melita Neumann und Irina Zelenetska begleitet wurden.
Neben dem Gefühl
für die Gemeinschaft wurde
der Bezug zu Israel gestärkt.
Übernachtet wurde während der ersten sechs Tage im Kibbuz Karei Deshe mit Blick auf den See Genezareth. »Dort ist die Reisegruppe Teil des Kibbuzlebens geworden«, erzählt Olga Rosow rückblickend. Eindrücke über Eindrücke – Begeisterung über die Gemeinschaft, das israelische Essen und die vielen Sehenswürdigkeiten und Landstriche prägten die Tage.
ausflüge Vom Kibbuz aus ging es zu Ausflügen. Ein örtlicher Guide begleitete die Reisenden, ebenso stand stets ein Bus zur Verfügung. So konnte man Israel erkunden. Unter anderem besuchte die Gruppe die Bahai-Gärten in Haifa, die Kreuzfahrerfestung Akko, und am Kinneret besichtigte sie eine Krokodilfarm. Der zweite Teil des Reiseprogramms führte in den Süden des Landes, auch hier gab es wieder eine Übernachtung in einem Kibbuz. Tel Aviv, Jerusalem, ein Besuch bei Beduinen, ein Spaziergang im Nahal-David-Nationalpark, das Tote Meer – die Reisenden nahmen viele beeindruckende Bilder mit nach Hause.
Valeria Gerol, die als Projektassistentin der Sozialabteilung ebenfalls mit der Reiseorganisation betraut war, hat viele positive Rückmeldungen der Teilnehmer bekommen. »Sie sind immer noch nicht richtig wieder daheim, es sind so viele Eindrücke, die bleiben werden und die Gruppe weiter verbinden.« Neben dem Gemeinschaftsgefühl sei auch der Bezug zum Land Israel gestärkt worden.
menora In der Sozialstation der Gemeinde hängt ein großes Bild von der Menora in Jerusalem – mit viel Mühe und Geduld vergrößert und abgezeichnet von einer Postkarte. Nun konnte der Maler, ebenfalls ein Mitglied von HaTikwa, die Menora in der Realität sehen. Auch dies war ein besonders emotionales Erlebnis für die Gruppe.
Dankesbriefe Dankesworte haben die Mitarbeiterinnen der Sozialabteilung schon viele erreicht. Dank für diese einmalige Gelegenheit, für eine bestens organisierte und begleitete Reise. So schrieb eine Teilnehmerin: »Täglich interessante Ausflüge, exzellente Lebensbedingungen, köstliche koschere Küche, abendliche Spaziergänge unter dem Zwitschern der Vögel – das hat gute Laune geschaffen und uns Menschen verschiedenen Alters, verschiedener physischer und psychischer Gesundheit vereint, die einander so rührend geholfen haben.«
Pläne für die Zukunft gibt es nach den guten Erfahrungen auch schon. »Wir hoffen, dass wir Nachahmer finden für solche Reisen«, sagt Olga Rosow und erwähnt Bestrebungen der Zentralwohlfahrtsstelle, die gemeinsam mit der Taglit-Organisation eine Reise mit Teilnehmern aus ganz Deutschland planen wolle.