Einmal im Jahr, immer im Frühsommer, findet im Gemeindezentrum eine kleine, aber feine Veranstaltung statt, bei der es nur strahlende Gesichter gibt, und die weitaus wichtiger für die jüdische Gemeinde ist, als es auf den ersten Blick scheinen mag: die Feier für die frisch gebackenen jüdischen Münchner Abiturienten.
IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch brachte die Bedeutung dieses Ereignisses in ihrer Rede mit wenigen Sätzen auf den Punkt. Direkt an die sieben Abiturienten Jessica Flaster, Naomi Harman, Rebecca Rajwich, Sarah Shtaiermann, Michelle Wolf, David Münz und Neil Rajber gerichtet, erklärte sie: »Sie sind die Zukunft des Judentums. Ein Tag wie heute erfüllt mich mit Glück und Zuversicht. Wenn ich Sie so vor mir sehe, bin ich absolut optimistisch und voller Hoffnung für die Zukunft.«
Das »Münchner Modell« besteht aus vielen Komponenten, die den jüdischen Schülern einen erfolgreichen Weg bis zum Abitur ermöglichen. Das Kultusministerium an der Spitze der »Erfolgsmaschinerie« trägt einen entscheidenden Teil dazu bei. Die IKG-Präsidentin sprach bei der Abiturfeier, an der auch Ministerialrat Wolfgang Mutter teilnahm, in diesem Zusammenhang von einer »sehr vertrauensvollen Zusammenarbeit«, die stellvertretend und exemplarisch für die natürliche und selbstverständliche Relevanz der jüdischen Religion und des jüdischen Lebens in der bayerischen Heimat steht.
leidenschaft Kompetent, offen und vertrauensvoll: Diese Charakterisierung verwendete Charlotte Knobloch, um das enge Verhältnis zwischen IKG, Luitpold-Gymnasium und Max-Josef-Stift darzustellen. »Das ist alles andere als selbstverständlich«, erklärte sie und freute sich, dass an der Feier unter anderem auch der Leiter des Luitpold-Gymnasiums, Bernd Hieronymus, und Gisela Ewringmann, Rektorin des Stifts, teilnahmen.
Lobende Worte für das gelungene Zusammenwirken unterschiedlicher Institutionen und Personen fand Präsidentin Charlotte Knobloch auch für das hauseigene IKG-Team. Ganz besonders hob sie das starke Engagement von Marcus Schroll hervor, der für die religiöse Erziehung aller schulischen Einrichtungen der IKG verantwortlich ist. Direkt an ihn gewandt, erklärte die Präsidentin: »Sie leisten mit viel Leidenschaft und absoluter Begeisterung Herausragendes. Sie sind nicht nur eine große Stütze für die jungen Menschen, in einer entscheidenden Phase ihres Lebens. Sie sind eine große Stütze für unsere Gemeinde, für die religiöse Erziehung in unseren schulischen Einrichtungen und für den Charakter unserer Kehilla. Ich danke Ihnen für die beherzte und mitreißende Art und Weise, wie Sie unsere Religion leben und weitergeben. Es ist keineswegs selbstverständlich, wie die jungen Menschen Ihnen zuhören, wie Sie sie erreichen und ihre Herzen berühren.«
Angesichts einer immer schnelleren und unüberschaubareren Welt, die von Digitalisierung, Mobilität und Globalisierung geprägt werde, komme der Religion eine besondere Rolle zu, erklärte Charlotte Knobloch. Ihren Worten zufolge gibt es übergeordnete Werte und Wurzeln, die wichtiger seien, als es der Druck und die Hektik im Alltag suggerieren. »Bei all den Neuerungen der Moderne«, sagte sie, »haben wir einen Schatz und damit verbunden eine Pflicht, die zeitlos ist, eine Botschaft, die über dem scheinbar Dringenden und Wichtigen alles andere überragt.« Der jüdische Glauben, hob Charlotte Knobloch hervor, ist das Fundament, auf dem wir stehen.
Mit Blick auf die Abiturienten fügte sie an: »Ich möchte Sie ermutigen, Ihre Wurzeln, Ihre Religion, das Judentum, als feste Konstante in Ihrem Leben zu bewahren. Besinnen Sie sich darauf, wo Sie herkommen und wer Sie sind. Dann sind Sie unbesiegbar, stark – und frei. Und auf diesem Fundament werden Sie die unbeschränkten Möglichkeiten, die sich für junge Menschen ergeben, als positiv, als Chance begreifen. Sie haben heute Optionen und Freiräume, wie sie keiner anderen Generation vor Ihnen offenstanden.«
Menschlichkeit Parameter wie Ehrgeiz und Fleiß sind nach Überzeugung von Charlotte Knobloch wichtige Voraussetzungen, um die eigenen Ziele zu erreichen. Zugleich äußerte sie aber auch den Wunsch, dass die neuen Abiturienten auf ihrem Lebensweg »offenherzig und empathisch« bleiben. »Bewahren Sie sich ein offenes Herz für jene Menschen, die auf der Schattenseite des Lebens sind. Seien Sie mündige und wachsame Bürger unseres Landes, verteidigen Sie die Errungenschaften von Freiheit, Frieden und Demokratie in unserer Gesellschaft«, sagte Knobloch. »Wahren Sie unsere demokratischen Werte, sowie jene, die uns die Tora vorgibt: Nächstenliebe, Menschlichkeit, Tikkun Olam, Zedaka, Gemilut Chassadim – kurzum: Seien Sie Menschen. Diese Haltung schützt uns davor, kurzsichtig allein dem Gewinn, dem schnellen Glück nachzueifern.«
Die Abiturfeier im Gemeindezentrum war für die Präsidentin auch Anlass, einen Blick in die Zukunft zu werfen. Der lang gehegte Wunsch nach einem jüdischen Gymnasium in München nimmt immer konkretere Züge an, berichtete sie. »Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir diesen nächsten Baustein im kommenden Schuljahr setzen können, und dass sich diese weiterführende Schule in unser Bildungskonzept einreiht, dessen guter Ruf sich weit über die Grenzen der Stadt herumgesprochen hat.«
Einen Blumenstrauß für die Präsidentin und kleine Geschenke an die Abiturienten im Gegenzug gehörten auch zur ungezwungenen Feier. Mittendrin verkündete eine strahlende Charlotte Knobloch: »Ich bin genauso stolz wie Ihre Eltern.«