Berlin

Rabbiner warnt vor Vertrauensverlust in Politik

Yehuda Teichtal, Rabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Berlin Foto: dpa

Der Berliner Rabbiner Yehuda Teichtal warnt vor einem sinkenden Vertrauen von Juden in die deutsche Politik. Er unterhalte sich oft mit Politikern, »die dies und jenes nicht in Ordnung finden. Aber sie tun trotzdem nichts«, sagte Teichtal im Interview der »Welt«. Dadurch sinke das Vertrauen. Er forderte die Politik auf, Gesetze so zu gestalten, dass sich die Menschen vom Rechtsstaat auch tatsächlich geschützt fühlten.

Politiker könnten darüber hinaus mehr im Bildungsbereich tun. Viele Lehrer wüssten nicht, wie sie mit Antisemitismus an der Schule umgehen sollten, sagte Teichtal. Sie müssten zum Beispiel erkennen können, dass ein Schüler unter Diskriminierung leide. Wichtig sei Prävention, denn bei Kindern könne man noch viel bewirken. Bildung müsse allerdings auch mit »persönlicher Verantwortung« einhergehen.

In den vergangenen Jahren sei der Judenhass auch wegen des AfD-Aufstiegs und der Zuwanderung aus muslimischen Ländern wieder offen zutage getreten, so Teichtal.

Oft fehle es in der Gesellschaft an Zivilcourage, beklagte der Rabbiner. »Die Mehrheit will Toleranz, sie will ein jüdisches Leben in Deutschland. Aber die Frage ist, ob die Menschen bereit sind, in dem Moment, wo es darauf ankommt, aufzustehen.« Antisemitismus habe in Deutschland immer geschwelt. In den vergangenen Jahren sei er auch wegen des Aufstiegs der AfD und der Zuwanderung aus muslimischen Ländern wieder offen zutage getreten.

Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte Ende Oktober das Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigten im Fall der antisemitischen Attacke gegen den Berliner Gemeinderabbiner Yehuda Teichtal eingestellt. Als Begründung hieß es in einem an den Anwalt des Rabbiners gerichteten Schreiben, dass die Beschuldigten die Tat bestreiten, es nicht möglich sei, die Täter wiederzuerkennen und unbeteiligte Zeugen nicht zur Verfügung stünden. Nach den Ermittlungen bestehe kein hinreichender Tatverdacht gegen die Beschuldigten.

Rabbiner Teichtal hatte sich danach in einer ersten Reaktion entsetzt gezeigt: »Mein Rechtsempfinden als Betroffener ist da wohl ein anderes als das der Staatsanwaltschaft.« Vielleicht müsse man die rechtlichen Voraussetzungen ändern, damit solche Straftaten geahndet werden können, so Teichtal.

»Mein Rechtsempfinden als Betroffener ist da wohl ein anderes als das der Staatsanwaltschaft«, sagte der Rabbiner nach der Einstellung eines Ermittlungsverfahrens.

»Das brauchen wir als Juden angesichts der drohenden antisemitischen Bedrohung, das braucht die gesamte Gesellschaft. Betonen möchte ich aber, dass ich mit meinen kritischen Anmerkungen nicht die Polizei meine, die in diesem Fall und im täglichen Schutz für uns eine hervorragende Arbeit leistet.«

Rabbiner Teichtal war am Abend des 29. Juli in Berlin-Wilmersdorf bespuckt und antisemitisch beleidigt worden, als er mit seinem Sohn nach dem Synagogengottesdienst auf dem Heimweg war. ja/kna

Frankfurt

30 Jahre Egalitärer Minjan: Das Modell hat sich bewährt

Die liberale Synagogengemeinschaft lud zu einem Festakt ins Gemeindezentrum

von Eugen El  09.12.2024

Frankfurt/Main

»Mein Herz blutet«

In Israel herrsche »Balagan«, Chaos, sagt Chaim Sharvit. Er steht hier denen zur Seite, die zum ersten Jahrestag des 7. Oktober dunkle Gedanken haben. Ein Besuch in Deutschlands größtem jüdischen Altenheim in Frankfurt

von Leticia Witte  14.10.2024

Gedenkveranstaltung

Steinmeier: Wer überlebt hat, trägt schwer an der Last

Fünf Jahre nach dem rechtsextremen Anschlag besucht Bundespräsident Steinmeier die Tatorte.

 09.10.2024

Frankfurt

Graumann und Grünbaum zur Doppelspitze in der Frankfurter Gemeinde gewählt

Den Vorstand vervollständigen Rachel Heuberger, Daniel Korn und Boris Milgram

von Christine Schmitt  09.10.2024

Berlin

»Ein bewegender Moment«

Am Donnerstag fand in Berlin die feierliche Ordination von zwei Rabbinerinnen sowie sechs Kantorinnen und Kantoren statt. Doch auch der monatelange Streit um die liberale Rabbinatsausbildung in Deutschland lag in der Luft

von Ralf Balke  09.09.2024 Aktualisiert

Neue Potsdamer Synagoge

Am Freitag wird der erste Gottesdienst gefeiert

Nach der feierlichen Eröffnung im Juli soll nun das religiöse Leben in der Synagoge in Potsdam langsam in Gang kommen. Am Wochenende sind erste Gottesdienste geplant

 06.09.2024

IKG

»Ein großer Zusammenhalt«

Yeshaya Brysgal zieht nach einem Jahr als Jugendleiter eine positive Bilanz und plant für die Zukunft

von Leo Grudenberg  04.09.2024

Keren Hayesod

»Das wärmt mir das Herz«

Der Gesandte Rafi Heumann über seinen Abschied von Berlin, deutsche Spielplätze und treue Spender

von Christine Schmitt  04.09.2024

Porträt der Woche

Sinn ernten

Caro Laila Nissen half nach dem 7. Oktober Bauern in Kibbuzim nahe Gaza

von Lorenz Hartwig  01.09.2024