Mit einem magischen Klangerlebnis sind am vergangenen Sonntag in Mannheim die zweiten Jüdischen Kulturtage eröffnet worden. Im Saal des Gemeindezentrums am Rabbiner-Grünewald-Platz bot das Jerusalem-Duo Ungewöhnliches: Mit der von Hila Ofek sensibel gespielten Harfe und dem von Andre Tsirlin kraftvoll bis zart geblasenen Saxofon klang klassische Musik einmal ganz anders: von Bach bis Ravel, von Ben-Haim bis Tschaikowsky.
Galt es doch, etwas Besonderes zu feiern: das 30-jährige Bestehen des Gemeindezentrums. Dieses ist längst zu einem Ort geworden, der über den jüdischen Kultus und den inneren Zirkel jüdischen Lebens hinausgewachsen ist. Das Gemeindezentrum für 500 Mitglieder hat sich zum Kulturzentrum für alle Mannheimer entwickelt.
grusswort Der Erste Bürgermeister der Stadt, Christian Specht, bestätigte bei der Eröffnung, in welchem Maß die jüdische Gemeinde zum kulturellen Faktor für alle geworden sei. Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz als Schirmherr der Kulturtage bekräftigte in einem Grußwort: »Die Grundmaxime ›Dialog und Zusammenarbeit‹ zeigt sich auch bei den Jüdischen Kulturtagen. Sie werden gemeinsam von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Arbeitsgemeinschaft Rhein-Neckar, Mannheim, der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Rhein-Neckar und der Agentur für Jüdische Kultur Altenburg & Graf ausgerichtet.«
Der Gemeindevorsitzende Majid Khoshlessan verwies auf das Außerordentliche der jüdischen Kultur. Das jüdische Volk habe in seiner 3000-jährigen Geschichte seine Religion und seine kulturelle Tradition überallhin mitgenommen. Dazu komme, dass man kulturelle Elemente der Länder, in denen Juden ansässig wurden, integriert habe. »So haben sich viele unterschiedliche jüdische Kulturen in aller Welt entwickelt.«
programm Wie weit gespannt das Spektrum jüdischer Kulturbeiträge sein kann, zeigt das Programm der Kulturtage mit kleinen feinen Kostproben. So präsentiert Sandra Kreisler ein modernes jüdisches Kabarett zwischen Melancholie und Witz, herzlich, humorvoll und intelligent. Zu einem musikalischen Experiment wurde der Beitrag von Barbara Zechel mit Chansons aus dem Berlin der 20er- und 30er-Jahre und Mehmet Ungan mit Liedern jüdischer Komponisten der osmanischen Zeit. Ein interessanter Vortrag von Abraham Wolf, Vorsitzender von Torat HaKalkala, dem Verein zur Förderung der angewandten jüdischen Wirtschafts- und Sozialethik, gab einen Einblick in die talmudischen Prinzipien zum Schadensersatz bei Körperverletzungen: »Auge um Auge«.
Am Donnerstag darf im Gemeindezentrum – gemäß dem Motto, »dass der Wein erfreue des Menschen Herz« – fröhlich gebechert werden: ein Abend über die Bedeutung des Weins im Judentum – natürlich mit entsprechender Verkostung. Am Freitag heißt es: »Gut Schabbes, Herr Nachbar«. Bei einer Stadtführung wird vermittelt, welche Bedeutung jüdische Bürger für die Entwicklung Mannheims haben. Parallel dazu gibt es für Kinder eine Puppen-Komödie: »Die Koscher-Maschine«.
Mit einem literarischen Frühstück enden am Sonntag die Kulturtage im Gemeindezentrum. Der Autor Michael Bergmann liest aus seinen Werken. Seine Roman-Trilogie über Die Teilacher gilt als wichtiger Beitrag zur jüdischen Literatur in Deutschland. Musikalisch umrahmt wird die Veranstaltung von der Flötistin Anna Peschel.