Jüdische Kultur hat in Baden eine lange Tradition, speziell in Mannheim. Dort hatte die jüdische Gemeinde einst 6000 Mitglieder, so viele wie Frankfurt heute. Obwohl in der Rhein-Neckar-Metropole derzeit nur noch 500 Menschen zur Gemeinde gehören, leistet sie seit vielen Jahren einen wichtigen und von vielen gern angenommenen Beitrag zum kulturellen Leben der Stadt. Doch irgendwie fehlte bislang ein Höhepunkt. So entstanden die Jüdischen Kulturtage Mannheim. Die ersten haben nun am 7. September begonnen und werden noch bis zum 14. andauern.
Junge Interpreten »Unsere Freunde zeigen Flagge«, freute sich Schoschana Maitek-Drzevitzky, die Vorsitzende der Gemeinde, angesichts des regen Interesses. »Wir verweisen mit unseren Kulturtagen auf jüdische Kulturleistungen der Vergangenheit, mit jungen Interpreten aber auch auf das, was in die Zukunft weist. Damit sollen Liberalität und Toleranz gefördert werden«, charakterisiert Maitek-Drzevitzky das Programmangebot.
Jüdische Gemeinde, die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Mannheim (GCJZ), die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) und die Agentur für jüdische Kultur haben es gemeinsam zusammengestellt. Majid Khoshlessan, der jüdische Co-Vorsitzende der GCJZ, ergänzt: »Wir wollten zeigen, dass sich das Judentum nicht nur über die Religion definiert, sondern auch über seine Kultur. Wir haben bewusst vermieden, Judentum in Deutschland auf den Holocaust zu reduzieren.«
Den Auftakt bildete am Sonntag im großen Gemeindesaal ein repräsentatives Konzert. Orchestermitglieder des Nationaltheaters Mannheim zeigten mit ihrer Auswahl der Stücke, welchen eminent wichtigen Beitrag jüdische Komponisten zum Musikleben des 18. bis 20. Jahrhunderts geleistet haben, von Felix Mendelssohn-Bartholdy bis George Gershwin.
Vor dem Konzert trug sich der israelische Generalkonsul Dan Shaham ins Goldene Buch der Stadt ein. Er nannte die Jüdischen Kulturtage in Mannheim einen Ausdruck zunehmenden Selbstbewusstseins der Gemeinden und einen Beitrag zur deutsch-israelischen Freundschaft. Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz würdigte den konstruktiven Anteil der Gemeinde am gesellschaftlichen Dialog in der Stadt.
zwanziger-Jahre In der 1938 zerstörten Mannheimer Hauptsynagoge befand sich die erste Orgel einer badischen Synagoge. Darauf verwies am Montag in der Konkordienkirche ein Konzert der Jewish Prayer mit geistlicher Musik für Viola und Orgel. Franz Danksagmüller an der Orgel und Semjon Kalinowski, Viola, demonstrierten bravourös, wie großartig dieser außergewöhnliche Zusammenklang ist.
Heiter, aber doch mit einer Träne im Knopfloch dann der Auftritt des Kabarettisten Robert Kreis. In seinem Programm »Verehrt, Verfolgt, Vergessen« lässt er die wunderbar witzigen und gleichermaßen intelligenten Couplets und Szenen der großen jüdischen Interpreten des Kabaretts der 20er- und 30er-Jahre in Berlin wiederauferstehen.
König David Kritisch untersuchte der Heidelberger Theologe Manfred Oeming, der selbst auch Ausgrabungen in Aseka durchgeführt hat, in seinem Vortrag das biblische und das historische Bild König Davids. Das Ergebnis sei ernüchternd, betonte Oeming. Es gebe keine außerbiblischen, direkten zeitgenössischen Zeugnisse über ihn.
Der »Nationalheld« der Bibel sei durch archäologische Befunde immerhin nachgewiesen. Oeming: »Ob er ein großes Reich beherrscht hat, muss man bezweifeln.« Der Jurist Abraham de Wolf zeigte in seinem Beitrag, welche Bedeutung die Tora als Maßstab für Wirtschaftsethik auch heute bei der Lösung großer ökonomischer Herausforderungen haben kann.
Zum Abschluss der Kulturtage am Sonntag kommt eine Vertreterin der jungen Juden zu Wort, die aus der früheren Sowjetunion zugewandert ist: Die Schriftstellerin Lena Gorelik liest aus ihrem Roman Die Listensammlerin. Bei dem literarischen Frühstück in der Gemeinde begleitet sie der junge Komponist Lenny Altgenug mit eigenen Stücken, die er für diesen Auftritt geschrieben hat.