Der Speyerer »Judenhof« ist mit seiner komplett erhaltenen Mikwe von 1128 und der noch älteren Synagogenruine von 1104 eines der ältesten und eindrucksvollsten Zeugnisse mittelalterlicher jüdischer Geschichte nördlich der Alpen. Dennoch fristete er lange ein Schattendasein. Erst in den vergangenen zehn Jahren hat sich das geändert. Heute ist er einer der Publikumsmagneten von Speyer und zieht bis zu 70.000 Besucher jährlich an.
präsentation Das verlangt nach einem jüdischen Museum, glaubt Oberbürgermeister Werner Schineller: »Mir ist einfach wichtig, auch mit Blick auf die Besucherzahlen, dass die jüdische Geschichte hier didaktisch gut präsentiert wird.« Es sei der Stadt schon länger ein großes Anliegen gewesen, die jüdische Geschichte in Speyer etwas bekannter und sichtbarer zu machen. Ab Herbst soll das im neuen jüdischen Museum möglich sein. Denn das Gebäude direkt am Hof ist nun frei geworden, und die Bauarbeiten haben begonnen. Auf 200 Quadratmetern soll künftig die jüdische Geschichte der Stadt erzählt werden.
Das Museum wird eine Zweigstelle des Historischen Museum der Pfalz in Speyer und dessen Judaica-Sammlung zeigen, au-
ßerdem wird es einen Gedenkraum geben. »Geplant ist eine Dauerausstellung mit Objekten, die zur mittelalterlichen Judengemeinde gehörten«, sagt Historiker Werner Transier, der die Sammlung betreut. So werden dort beispielsweise zwei erhaltene Synagogenfenster und Grabsteine des alten jüdischen Friedhofs gezeigt, die die mittelalterliche Gemeinde um Synagoge und Mikwe gedanklich ergänzen sollen.
Wechsel »Es ist die größte und schönste mittelalterliche Anlage dieser Art«, so der Historiker. Doch auch die teilweise sehr tragische neuzeitliche Geschichte finde ihren Platz: »Wir planen Wechselausstellungen, die verschiedene Themen der neueren Geschichte aufgreifen werden.« Hierzu sollen Stücke aus der rund 100 Objekte umfassenden Sammlung genutzt und nötigenfalls durch Leihgaben ergänzt werden. Dabei sollen immer auch die Geschichten und Schicksale der Menschen hinter den Gegenständen gezeigt werden.
Gemeinsam mit Worms und Mainz bildete Speyer im Mittelalter das Zentrum des aschkenasischen Judentums. Die hier entstandenen Kommentare und Werke haben bis heute große Bedeutung. Die Gemeinde wurde 1084 von Bischof Rüdiger angesiedelt und war damit eine der ersten jüdischen Gemeinden in Deutschland. »Ich denke, für uns ist ein jüdisches Museum ganz wichtig«, sagt Peter Waldmann, Vorsitzender des Landesverbandes jüdischer Gemeinden in Rheinland-Pfalz, auch als Mittel der Aufklärung und Identitätsbildung für die Speyerer Gemeinde selbst. »Für uns ist das ein Zeichen, dass es immer wieder eine Neuentdeckung des Judentums geben muss, und das macht auch seine Kreativität aus.«
Das jüdische Museum soll im Herbst eröffnet werden, zwischen dem Datum der Deportation der badischen Juden nach Gurs am 22. Oktober und der Reichspogromnacht am 9. November, um einen Gegenpunkt zu setzen.