Die Hotelglastüren schwingen auf und geben den Blick frei auf das Madrichim-Empfangskomitee mit Dance-Moves, Jewrovision-T-Shirts, Willkommens-Taschen und lauter Mizrahi-Musik, die alle in der Hotelhalle umarmt. Und die Busse sind noch nicht einmal da.
Der Endspurt zum 21. Jewrovision läuft, dem größten Tanz- und Gesangswettbewerb für jüdische Kinder und Jugendliche in ganz Europa, der am Sonntag in Hannover ausgetragen wird.
»Alles meine Kinder!«
Dann kommen endlich die Busse. Und unter Juchzen und »Olam«-Rufen (Juze Berlin) purzeln die Jewrovision-Kids auf den Bürgersteig und fallen einander in die Arme. Vor allem Paula Bajda vom Zentralrat der Juden wird dauerumarmt.
»Alles meine Kinder«, sagt die rechte Hand von »Mr. Jewrovision« Marat Schlafstein, dem Leiter des Referats Jugend und Gemeinden beim Zentralrat und zuständig für die Organisation der Jewrovision. »Paula ist Hand und Kopf des Jewrovision«, sagt er lächelnd. Und offensichtlich das Herz, denn schon wieder will jemand eine Umarmung.
Mittlerweile ist es laut. Sehr laut. »Gegen die Show ist das noch gar nichts«, murmelt ein Kollege und empfiehlt Ohrstöpsel. Die Angekommenen werden zuerst mit ihren Teilnehmer-Badges versorgt. »Das ist wie euer Handy!«, ruft die Berliner Rosha Isabell »Isi« Wabnik. »Macht es nicht kaputt!«
Alles ist leicht und glücklich und voller Adrenalin. »Natürlich werden wir gewinnen«, sagt Tami aus Berlin.
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Die Wiesbadener kommen zu Fuß, und Paula wird noch mehr umarmt. Der Balagan hält sich bei der geballten Ankunft in Grenzen. Zuerst geht es auf die Zimmer, dann zum Kerzenzünden und Kabbalat Shabbat. Erstmal hole der Shabbes alle ein bisschen runter, und dann komme der totale Sugar-Rush, sagt eine Mitarbeiterin und lacht.
»Sehr gehyped!«
»Wir müssen stark rüberkommen«, sagt Alissa Ardishev von Olam Berlin. »Wir haben einen sehr guten Act, und das Team hat alles gemacht, was geht!« Hinter ihr wird lautstark »Olam olé, Olam olé, olé, olé« gerufen. Sie sei sehr aufgeregt, sagt Madricha Shelly Perez.
Jetzt sind auch die Busse aus Westfalen-Lippe da. »Ich bin gestresst«, ruft ein Mädchen und wird sofort umarmt. »Ich bin sehr gehyped«, sagt Mariel aus Dortmund von der Juze Emuna.
Das wird an diesem Freitagabend wohl der größte und glücklichste Kiddusch in Deutschland.
»Das ist auch ein Safe Space.«
Denn dieser »Gemeindetag für die Jugend« sei auch ein Safe Space sagt Mascha Schmerling vom Zentralrat. »Hier kannst du ohne Filter sein und Kraft tanken.« Das, was Juden in Deutschland gerade dringend brauchen.
Noch immer kommen Kinder und Jugendliche an und was gibt es Schöneres als den Blick auf eine fröhlich-aufgeregte, überzuckerte Zukunft.
Hau den Lukas!
Um aus diesem Wochenende auch wirklich alles herauszuholen, geht es morgen nach dem Kiddusch weiter mit Workshops. Und da geht es nicht nur um »Gesangscoaching« (mit Maya Saban), »Presenting like a Boss« (mit Keren Vogler) und Workouts (mit Gregor Peskin, Elli Weisenbach und Ernest Vaysberg) zur bestmöglichen Show-Vorbereitung, sondern auch um Fußball (bei Hannover 96), »Wie junge Menschen die Gesellschaft durch ihre Geschichte verändern können« und Training zu Antisemitismus.
Und nach der Hawdala beginnt die Jewrovision-Kirmes, mit Hau den Lukas, Bullriding und jeder Menge Süßigkeiten. Damit der Zuckerpegel auf gar keinen Fall fällt.
Time to Shine!