Braunschweig

Nobelpreisträger zu Gast

Kommt gut an: Günter Grass Foto: imago

Die Kibbuzbewegung in Israel habe ihn interessiert, verrät Günter Grass der Braunschweiger Gemeindevorsitzenden Renate Wagner-Redding. In den 60er-Jahren habe er das Heilige Land bereist, erzählt er. Doch der Literaturnobelpreisträger ist nicht in die Steinstraße gekommen, um über Israel zu sprechen. Der Grafiker, Bildhauer und Schriftsteller war anlässlich der Ausstellung seiner Skulpturen in der Jakob-Kemenate, dem Amtsgericht und in der Martinikirche von der Stadt eingeladen, aus seinem im Herbst erschienenen Buch Grimms Wörter zu lesen.

Verwunderung Die Jüdische Gemeinde hatte sich angeboten, eine Diskussion zu seinem Buch zu veranstalten, und der Platz wurde knapp. 150 Jugendliche aus drei Gymnasien waren gekommen und hatten sich an die strikte Weisung, in der Synagoge eine Kippa aufzusetzen, gehalten, erzählt Wagner-Redding, die bei so viel Jugendlichen doch etwas Bedenken hatte. Verwundert sei sie nur gewesen, dass manche der 17- und 18-Jährigen nicht gewusst haben, dass es in Braunschweig überhaupt ein jüdische Gemeinde gibt.

»Neben der sehr angeregten Diskussion mit einem bedeutenden deutschen Dichter war der Besuch der Braunschweiger Synagoge wohl deshalb ein weiteres Highlight für die Jugendlichen«, sagt die Gemeindevorsitzende. Zurückhaltend, aber interessiert hätten sich die jungen Leute umgeschaut. »Die meisten von ihnen kennen nur, was der Holocaust an Leere übrig gelassen hat und beschäftigen sich allenfalls in Arbeitsgemeinschaften oder Projekten mit dem Judentum«, gibt Wagner-Redding ihre Erfahrungen mit den Jugendlichen wieder. Im Unterricht käme das Thema jüdische Geschichte vor 1933 kaum vor. Wenn sich die Schüler dann aber doch in Projekten damit beschäftigten, wären sie ganz angetan.

Mahnung Günter Grass ermunterte sie denn auch, sich für Politik zu interessieren – jenseits von Parteistrukturen. Der 83-Jährige beschwor die Jugend, darauf zu achten, »nicht zu schnell alt zu werden«. Für die jüdische Gemeinde, die wegen des übergroßen Interesses der Oberstufenschüler und etwa 30 Honoratioren gar nicht an ihrer Veranstaltung teilhaben konnte, war es zumindest eine Auszeichnung, dass Grass die Synagoge als Veranstaltungsort angenommen hatte und auch noch außerplanmäßig aus seinem Buch las. »Wirklich faszinierend«, fanden Rabbiner Jonah Sievers und Gemeindevorsitzende übereinstimmend.

Frankfurt/Main

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