Die 14. Lange Nacht der Museen am 7. Juni ist Geschichte. Doch immer noch wird über ihren Werbeflyer debattiert. Grund war ein Nacktfoto in der alten Synagoge. Es zeigt zwei Models – nur bekleidet mit Gürteln, Kopien des mittelalterlichen jüdischen Schatzes. Das Foto ist der biblischen Ikonografie von Adam und Eva nachempfunden. Eva hält zudem einen kleinen goldenen Spiegel in der Hand. Durch den Spiegel hindurch war der Blick in die Vergangenheit ausdrücklich erwünscht, hieß es aus der Kulturdirektion der Stadt.
Dass sich an dem Bild ein regelrechter Kulturstreit entzündet, hatte Kulturdirektor Tobias Knoblich nicht vermutet. »Geplant war das Foto lediglich als Blickfang, und zwar innerhalb der Grenzen dessen, was der Respekt vor religiösen Empfindungen gebiete, erklärte der 41-Jährige. Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) sieht das nicht grundsätzlich anders.
Erfurter Schatz Anderer Meinung ist hingegen Maria Stürzebecher, die Erfurter Unesco-Beauftragte. Sie ist gewissermaßen die Hüterin des Jüdischen Schatzes von Erfurt und hat dazu ihre Doktorarbeit geschrieben. »Ich fand die Illustration unästhetisch und habe den Sinn nicht wirklich verstanden«, sagt sie. Auch Erfurts Gleichstellungsbeauftragte Birgit Adamek war bestürzt. »Mit einem solchen Foto wurden doch weder alte noch junge Menschen auf die Museennacht aufmerksam gemacht oder in eines der 29 geöffneten Museen gelockt.«
Reinhard Schramm, Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, fand zwar die Illustration nicht gelungen, reagierte aber gelassen. »Wenn es schon Adam und Eva sein mussten, dann hätte ich mir nicht so eine Nachtklub-Ausgabe vorgestellt«, wendet er ein. Damit würden Menschen provoziert, die eine Beziehung zu Adam und Eva hätten – seien sie nun Juden oder Christen.
Auch Rabbiner Konstantin Pal kann die Empörung nicht ganz nachvollziehen. Er war im Vorfeld von der Kulturdirektion befragt worden, ob er aus religiöser Sicht gegen Nacktfotos in der Alten Synagoge für die Lange Nacht der Museen Einwände erhebe. Die gab es von seiner Seite nicht. Die Alte Synagoge sei kein religiöser Ort mehr, so Pal. »Aber die Umsetzung hat mir nicht gefallen«, betonte der Rabbiner.
Model Heftige Diskussionen um das Nacktfoto entstanden auch, weil das männliche Model angeblich auch als Pornodarsteller arbeitet. »Davon wussten wir nichts, wir haben die Models über eine Agentur aus Baden-Württemberg gebucht«, erklärt Knoblich.
Es bleibt vor allem das Gefühl des Nichtgefallens. Diese Sicht scheint in Erfurt mittlerweile vorherrschend zu sein. Damit kann auch Kulturdirektor Tobias Knoblich leben. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Für Knoblich ist die Foto-Idee immer noch einen Abdruck wert, »auch wenn ich sicher ein anderes Bild gewählt hätte«.