Eine ganz besondere Feier zum 50. Jahrestag der Wiedervereinigung Jerusalems bot der Chor der Großen Synagoge Jerusalem in der Frankfurter Westend-Synagoge. »50 Jahre Befreiung Jerusalems, das ist ein wunderbarer Grund zu feiern«, begrüßte Rabbiner Avichai Apel die Zuhörer. »Viele Menschen denken, Jerusalem sei eine Stadt der Trennung oder Teilung, aber das stimmt nicht«, fuhr der Rabbiner fort. »Jerusalem verbindet alle Nationen miteinander, es ist der einzige Ort in der ganzen Nahostregion, an dem alle Religionen friedlich mit- und nebeneinander leben können.«
Auch Sarah Singer, Präsidentin des Jüdischen Nationalfonds JNF-KKL Deutschland, betonte: »Das Schlüsselwort heißt Koexistenz!« Gleichzeitig wies sie auf das mehr als 100 Jahre bestehende Engagement des Jüdischen Nationalfonds für Israel hin. »Wir haben das Land mit aufgebaut«, sagte sie. Mittlerweile würde das Expertenwissen des JNF-KKL zu Aufforstung und Bewässerung von vielen afrikanischen Ländern und sogar von der UNO nachgefragt.
Spenden An diesem Abend wurden auch Spenden gesammelt, und zwar für den Bau eines malerischen Spazierwegs mit drei Aussichtsplätzen für das »Emek Refaim« im Jerusalem-Park. Frankfurts Bürgermeister Uwe Becker begrüßte die Gäste im Namen der Stadt, »der israelfreundlichsten Stadt in Deutschland«, wie er meinte. Becker betonte außerdem, dass Jerusalem unumstritten Israels Hauptstadt sei, was die Weltgemeinschaft anerkennen müsse.
Doch mehr als alle Worte sprach an diesem Abend die Musik. Moderiert von Nelly Kranz, die klug und charmant durch das Programm führte, nahm der Chor der Großen Synagoge Jerusalem sein Publikum mit auf eine musikalische Reise durch 3000 Jahre Geschichte. Denn die Vertonungen von liturgischen Passagen und Gebetszeilen, die die 14 Sänger unter der Leitung des Dirigenten Elli Jaffe vortrugen, reflektieren Jerusalems bewegte Historie. Sie erzählen von ihrer Ernennung zur Hauptstadt durch König David, von der Zerstörung des Ersten und Zweiten Tempels, von den Zeiten des Exils und den Jahrhunderten der Vertreibung, von der Sehnsucht und der Rückkehr nach Jerusalem, wenn »in den Höhlen am Felsen Tausende von Sonnen scheinen«, wie es in dem berühmten Lied »Jerusalem aus Gold« heißt, das Naomi Shemer im Schicksalsjahr 1967 komponierte.
Alle Chorsänger sind Amateure, auch wenn ihre Stimmgewalt und ihr professioneller Auftritt das nicht vermuten ließen. Sie eint die große Freude am Singen, wie Moshe Glantz weiß. Im Hauptberuf ist der junge Israeli als Wirtschaftsjournalist für einen Online-Informationsdienst tätig. Jetzt, zum Jubiläum anlässlich des 50. Jahrestags der Wiedervereinigung Jerusalems, ist der Chor vielerorts gefragt. Am Vortag seien sie noch in Paris gewesen, erzählt Glantz in einer Konzertpause.
Kantor Der Frankfurter Abend stand noch unter einem anderen Stern, dem von Yoni Rose. Vor gut zwei Jahren traf der in Baltimore geborene Opernsänger in Deutschland ein, weil er sich hier um ein Engagement an einer Oper bewerben wollte. Doch dann half er am Schabbat einige Male gesanglich beim Gottesdienst aus – und die Gemeinde bot ihm die Stelle des Kantors an.
Ein großes Glück für beide Seiten. Prägung und Erziehung durch sein frommes Elternhaus, ein an Puccini geschulter Tenor sowie gleichzeitig ein feines Gespür für die besondere Art des religiösen Gesangsvortrags scheinen ideal. An diesem Abend konnte er in vielen Soli zeigen, wie sehr er mittlerweile in die Rolle des Kantors einer großen Gemeinde hineingewachsen ist. Beten im Belcanto, das muss kein Widerspruch sein.