Weniger Klezmer, mehr Modernität» – auf diese Formel bringt Marc Grünbaum, Kulturdezernent der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, das Programm der Jüdischen Kulturwochen in diesem Jahr bei seiner Vorstellung Anfang Oktober. Mit mehr als 30 Veranstaltungen, die vom 15. Oktober bis zum 5. November stattfinden, möchten die Organisatoren «frei von Klischees zeigen, dass auch jüdische Kultur modernes Leben bedeutet».
Viele Veranstaltungen finden diesmal außerhalb von Westend-Synagoge und Gemeindezentrum statt. Die gesamte Stadtgesellschaft solle die Möglichkeit erhalten, «etwas vom Judentum zu erfahren», sagt Marc Grünbaum.
Am Eröffnungsabend tritt im Bockenheimer Depot, einer Dependance des Frankfurter Schauspiels, die israelische Tanzkompanie L-E-V auf. Sharon Eyal und Gai Behar zeigen die Stücke Killer Pig und Sara, die laut Programmheft «Elemente aus Ballett, Rave und Laufsteg» verbinden.
Clubnächte Zwei Clubnächte, unter anderem im renommierten Offenbacher Houseclub «Robert Johnson», sollen ein junges Publikum anlocken. Den «Club Michel» im Frankfurter Bahnhofsviertel verwandelt der israelische Koch Yossi Elad vom 17. bis 28. Oktober in ein koscheres Pop-up-Restaurant. In seiner Küche fusioniert Elad europäische und nahöstliche Einflüsse. «Es wird keinen Gefilte Fisch geben», stellt Marc Grünbaum klar.
Dennoch sind die Jüdischen Kulturwochen in diesem Jahr nicht ausschließlich auf Gegenwart getrimmt. Bei der Vorstellung des Programms erinnerte Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann an das kulturelle und soziale Engagement jüdischer Bürger, das beispielsweise maßgeblich zur Gründung der Goethe-Universität beitrug. Frankfurt sei die «von Juden am meisten geprägte Stadt Deutschlands», sagte Feldmann.
Der jüdischen Geschichte Frankfurts sind daher auch zahlreiche Veranstaltungen gewidmet. Am 19. Oktober zeichnet ein Vortrag im Städel-Museum die Schicksale jüdischer Kunstbesitzer während der NS-Zeit nach. Das Filmmuseum zeigt einen neuen Dokumentarfilm über den Künstler Moritz Daniel Oppenheim, der im 19. Jahrhundert als Porträt- und Genremaler reüssierte.
68-er Dass Frankfurt auch ein Zentrum der 68er-Studentenrevolte war, macht Steffen Bruendel von der Goethe-Universität deutlich. Unter dem Titel «Israel und die deutsche Linke» beleuchtet er den Wandel in der Wahrnehmung Israels bei der westdeutschen Linken seit 1967.
Auch Tradition und Religion haben Eingang in das Programm gefunden. Am 3. November lädt Gemeinderabbiner Avichai Apel Interessenten aller Konfessionen in die Westend-Synagoge zu einem offenen Gottesdienst und einem Gespräch ein: «Was Sie den Rabbiner schon immer fragen wollten».
Dass sich jüdische Tradition und Modernität nicht ausschließen, könnte Shulem Lemmer demonstrieren. Der Nachwuchskantor aus den Vereinigten Staaten wird beim Abschlusskonzert am 5. November jiddische und chassidische Musik interpretieren.
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