Gerade hat sich Papst Benedikt XVI. in Assisi mit Vertretern von 31 Kirchen und zwölf Religionen getroffen. Nicht ohne ein eigenes »Schuldbekenntnis voller Scham«. Der Dialog der Religionen ist in Gang gekommen und soll nicht abreißen: Ein Treffen des Papstes mit dem Rat der Religionsoberhäupter in Israel ist geplant.
»Es herrscht Konsens in Demokratien und Religionsgemeinschaften, den Dialog der Religionen angesichts Globalisierung, weltweiter Migration und vor allem des zunehmend religiös motivierten Terrors zu fordern und zu fördern«, stellt Barbara Traub, Vorstandssprecherin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg (IRGW), bei der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) fest.
Runder Tisch Stuttgart habe beispielsweise auf Anregung des Oberbürgermeisters einen Runden Tisch der Religionen eingerichtet, das Stuttgarter Lehrhaus hat vor zwei Jahren die Tradition des Dialogs im Sinne Martin Bubers wieder aufgenommen, die Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit formierten sich kurz nach Krieg und Holocaust.
»Was kann der Dialog der Religionen bewirken?«, fragt Traub. Und vor allem: »Wird dadurch auch der Antisemitismus geächtet?« Als Dozentin für den interreligiösen Dialog und Vertreterin des Judentums an der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg liegt ihr daran, die Beteiligung und langjährige Präsenz Israels in diesem Dialog zu betonen.
Denn Israel, wo Religionsfreiheit verbrieft sei, habe nie den Islam bekämpft, betont DIG-Vorsitzende Bärbel Illi. Und reagiere auch auf Terror nicht nur mit Waffen. Sondern, wie Traub ausführt, mit einer stabilen Dialogstruktur als Teil des Alexandria-Prozesses von 2002, an dem Religionsoberhäupter und Vertreter verschiedener Organisationen beteiligt sind. Und mit Einrichtungen wie der Hochschule für islamische Erziehung und interreligiösen Dialog Al-Quasemi in Baqa al Gharbiyye oder dem arabisch-jüdischen Zentrum Beit Hagefen in Haifa.
Am Anfang Wir stehen erst am Beginn eines gemeinsamen Weges der drei abrahamitischen Religionen«, ist Traub überzeugt. Dafür gebe es drei Modelle: Das Multi-Modell erkennt nach Hegelschem Prinzip den absoluten Wahrheitsanspruch jeder Religion an und bejaht ein respektvolles und tolerantes Nebeneinander. Das Inter-Modell basiert auf dem Gedanken, Gast und Gastgeber mit stabiler religiöser Identität sein zu können, wie es Moses Mendelssohn und Martin Buber proklamiert haben.
Auf Hans Küngs Vision vom Weltethos gehe das Trans-Modell zurück: Mit einem gemeinsamen Gotteshaus, das als Synagoge, Kirche und Moschee von allen Religionen genutzt werde und bei gemeinsamen Feiern und Festen religiöse Unterschiede ausklammere. Also Chanukka und Weihnachten gemeinsam feiern?
Enttäuschung Für sie unvorstellbar, bekennt Traub, weil ihr Glaube an den alleinigen Gott mit der Geburt eines Gottessohnes nicht vereinbar sei. »Wir wollen keinen Schmusekurs«, sagt Traub deutlich. »Sondern einen Dialog auf Augenhöhe.« Dass dafür das Hindernis des alleinigen Wahrheitsanspruches der Religionen überwunden werden muss, habe ihr eine christliche Studentin, die eine Verständigung mit ihr als Jüdin für unmöglich erklärte, schmerzlich klar gemacht. Noch mehr, so Traub, stünden die offensiven Missionsbestrebungen von Christen und Muslimen dem Dialog im Weg: »Wir sind gebrannte Kinder.«
»Wege entstehen dadurch, dass man sie geht«, setzt Traub mit einem Zitat von Franz Kafka dennoch ein Zeichen der Hoffnung. Es werde sich zeigen, ob es getrennte, parallele oder verschlungene Wege sein werden.