Man kann ihn nicht verfehlen: Bereits im Eingangsbereich des Terminals 1 des Frankfurter Flughafens weisen Schilder Weiß auf Schwarz den Weg: »Gebetsraum Juden«, mit einem Davidstern als Piktogramm und der Angabe, wo es zu den Toiletten und dem Kirchlichen Sozialdienst geht. Dann muss man doch einen Moment suchen, bis man die Eingangstür zu dem spirituellen Rückzugsort in der erweiterten Halle C, nahe der Check-in-Schalter der israelischen Fluglinie EL AL findet.
Kein Sicherheitsdienst, kein Metalldetektor hindern einen daran, das kleine Eckzimmer mit der gläsernen Front zu betreten. »Darf ich, dürfen Christen auch hinein?«, fragt eine Reisende und hat bereits die Klinke heruntergedrückt. Voller Scheu und Ehrfurcht schaut sie sich im Innern um: »Wie beeindruckend!« Sie zeigt auf die gut zweieinhalb Meter hohe Menora, die den Raum beherrscht, daneben ein paar nüchterne schwarze Stühle, elf an der Zahl, so dass ein Minjan bequem Platz fände, ein kleiner Tisch und in der Ecke eine Vitrine mit einem hellen Stein, in den das Wort Misrach (Osten) gemeißelt ist, als Orientierungshilfe beim Beten.
Menora Die Menora, ein Kunstwerk des 1963 in Sankt Petersburg geborenen Malers und Bildhauers Victor Naimark, erinnert an eine große Kaktee in der Wüste: Auf ein Geflecht aus Kupferdrähten, die den Stamm und die Arme formen, sind gebrannte Tonröhren gezogen, deren heller Grundton mit unregelmäßigen dunklen und hellen Schlieren und Streifen überzogen ist, was an die Rinde einer Birke erinnert. Wie Perlen auf einer Schnur sind zwischen die Tonröhren kleine Kugeln in Türkis, Kobaltblau und Gold eingestreut, die die Strenge des Gebildes auflockern.
Geschaffen hat Viktor Naimark den Leuchter im Auftrag des Frankfurter Rabbinats. Bei der Eröffnung des Gebetsraums erläuterte er, dass er ganz bewusst Ton als Material für die Menora gewählt habe, um die vier Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer zu verbinden. Der Frankfurter Rabbiner Julian Chaim Soussan verwies in seiner Rede auf die große Bedeutung der Menora und deren Botschaft, Licht in das Dunkel und damit Hoffnung für die Menschen zu bringen.
Beratung Soussan hatte den Flughafenbetreiber Fraport bei der Ausgestaltung des Raumes beraten. Nach Angaben des zuständigen Fachreferenten des Unternehmens, Christian Meyer, musste der vorherige Gebetsraum am Flughafen aus Brandschutzgründen aufgegeben werden. Umso erfreulicher, dass kurz darauf dieser kleine Eckraum in Sichtweite der EL-AL-Schalter frei wurde. Für dessen Miete und technische Ausstattung kommt Fraport auf; an den Kosten der Ausgestaltung hatte sich das Rabbinat Frankfurt zur Hälfte beteiligt.
»Da sich der Raum im öffentlichen Bereich befindet, gibt es für ihn keinen speziellen Sicherheitsscheck oder Taschenkontrollen«, erläutert Christian Meyer. Wenn dies vonseiten des Frankfurter Rabbinats erforderlich scheine, könne man das sicher ändern. Bislang gehe man jedoch davon aus, dass eine »regelmäßige Bestreifung durch die Bundespolizei« ausreiche.
Zur Eröffnung des neuen Gebetsraums waren unter anderem Bettina Hickler, EL AL General Manager Germany & Austria, Michael Müller, Arbeitsdirektor des Flughafenbetreibers sowie die Betriebsratsvorsitzende von Fraport, Claudia Amier, gekommen. Auch die evangelische Flughafenseelsorgerin Pfarrerin Ulrike Johanns sowie Pater Heinz Goldkuhle, der katholische Seelsorger am Airport, besuchten den neuen Gebetsraum, der von nun an allen Fluggästen, Flughafenbesuchern und Beschäftigten als Ort des Innehaltens, des Gebets, der Ruhe und Meditation zur Verfügung stehen soll.