Am Wochenende war Dresden meschugge. Nachdem sich die gleichnamigen Partys in Berlin zum Trend gemausert haben, erlebte auch die sächsische Hauptstadt am späten Samstagabend ihre erste »neojüdische« Party.
So bezeichnet DJ Aviv »without the Tel« sein Programm, das mit einem Mix aus Schlager, Techno und orientalischer Musik junge Juden und Nichtjuden auf die Tanzfläche lockt. Der israelische DJ – mit bürgerlichem Namen Aviv Netter – hat sich in Berlin niedergelassen und mischt nicht nur die Hauptstadt-Clubs auf.
Valentina Marcenaro, Kulturmanagerin der Jüdischen Gemeinde Dresden, holte die »Meschugge Party« an die Elbe. Sie ist Teil des Programms »Young & Jewish in Dresden«, das junge Erwachsene stärker an die Gemeinde binden soll. Der Zentralrat der Juden unterstützt die Veranstaltungen.
Philharmoniker »Die Stimmung war gut. Alle, die da waren, fanden es toll«, berichtet Marcenaro. Nur hätten es gern mehr Besucher sein dürfen. Rund 60 Partygänger fanden den Weg in das jüdische Gemeindezentrum, darunter etwa 15 Mitglieder, außerdem Freunde der Gemeinde. Selbst einige Musiker des Israel Philharmonic Orchestra, das am Samstagabend in der Semperoper gastierte, schauten vorbei.
Junge Juden aus Leipzig, Chemnitz und Halle, die ebenfalls eingeladen waren, kamen allerdings nicht. »Das war schon ein bisschen enttäuschend«, räumt Marcenaro ein. Sie hatte gehofft, dass die Party die Verbindung der Gemeinden durch die Jugend stärken könnte. »Neue Leute kennenzulernen oder alte Bekannte wiederzutreffen, macht schließlich den Reiz solcher Abende aus«, meint Marcenaro.
Logistik Viele Besucher fanden die Idee gut, den Gemeindesaal zum Tanzsaal zu machen. Wolle die Gemeinde mehr junge Erwachsene für sich interessieren, dann sei er der perfekte Ort. »Man muss allerdings auch die Grenzen erkennen: Das Zentrum ist eben keine Partylocation«, räumt die Kulturmanagerin ein.
In Dresden gehen die meisten jungen Leute in der Neustadt aus, die Altstadt liegt dabei meist nicht auf ihrem Weg. Außerdem muss die gesamte Technik und das Personal, das eine solche Party benötigt, geliehen werden – und das ist ein erheblicher Kostenfaktor.
Marcenaro bemüht sich deshalb um eine Kooperation zwischen der jüdischen Gemeinde und einem Club in der Dresdner Neustadt. »Das Ziel ist, Partys mit jüdischen DJs in Dresden zu etablieren und mehr Leute anzuziehen«, erklärt sie. Die Veranstaltungen sollen auch dem nicht-jüdischen Publikum offenstehen: »Die jungen Juden wollen beim Feiern sowieso nicht unter sich sein, sondern Freunde mitbringen«, weiß Marcenaro.
Young & jewish Im Oktober geht das Projekt »Young & Jewish in Dresden« ins zweite Jahr. Der Zentralrat wird die Veranstaltungen weiter unterstützen, und Marcenaro arbeitet an einem neuen Programm.
Ein weiteres Event könnte es noch in diesem Jahr geben: »Chanukka versus Christmas« heißt ein Programm von DJ Aviv, das Marcenaro ebenfalls gern nach Dresden holen will: »Das wäre eine tolle Sache, um Nichtjuden zu zeigen, dass die Juden anders feiern. Und dass Chanukka auch ein frohes Fest ist.«