Auszeichnung

Menschlichkeit in Zeiten der Barbarei

Charlotte Knobloch bei der Übergabe der Medaille an einen Nachkommen der Geehrten Foto: Marina Maisel

Der Kunstmaler Franz Herda aus München, seine Tochter Vera Manthey und die Bäuerin Sophie Gasteiger aus Tinnerting sind nicht mehr am Leben. Vergessen sind sie jedoch nicht. Posthum wurden sie jüngst bei einer Feierstunde in den Räumen der Israelitischen Kultusgemeinde von der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem mit dem Ehrentitel »Gerechte unter den Völkern« ausgezeichnet. Die Medaillen und Urkunden nahmen deren Angehörige aus den Händen des israelischen Gesandten Mordechai Ish-Shalom entgegen. Alle drei Geehrten hatten unter Einsatz ihres eigenen Lebens Juden vor der Verfolgung durch die Nazis gerettet.

Seit der Staatsgründung Israels 1948 vergibt Yad Vashem den Titel »Gerechter unter den Völkern«. Mehr als 27.000 Menschen haben diese Auszeichnung bisher erhalten, darunter rund 500 Deutsche. Die Auswahlkriterien sind streng: Die Geehrten dürfen selbst keine Juden sein und müssen nachweislich ihr Leben oder ihre Freiheit aufs Spiel gesetzt haben, um Juden ohne jegliche Gegenleistung zu retten. »Diese Menschen«, sagte Kultusminister Ludwig Spaenle bei der Feierstunde in der Kultusgemeinde, »zeigen, dass es dem Einzelnen auch damals möglich gewesen ist, Hilfe zu leisten und Gutes zu tun: mit sehr viel Willen, Mut, Verstand und unverrückbaren Grundüberzeugungen.«

entscheidung IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch warf in ihrer Festrede einen Blick zurück auf ihr eigenes Leben. »Sophie Gasteiger, Vera Manthey und Franz Herda haben sich in dunkelster Zeit ihre Menschlichkeit bewahrt. Was das bedeutet, habe ich selbst erfahren. Auch ich habe nur überlebt, weil es Menschen gab, die ihr eigenes Leben riskierten, um andere Menschen zu retten, und sich dabei an ihrem inneren Kompass der Humanität orientierten. Diese Menschen zeigen, dass wir immer eine Wahl haben.«

Unter das singuläre Verbrechen der Nazis und der Aufarbeitung darf nach Überzeugung der IKG-Präsidentin niemals ein Schlussstrich gezogen werden. Dies dürfe schon allein deshalb nicht passieren, weil die Geschichte als Lehrmeisterin unerlässlich sei, junge Menschen gegen Rassismus und Antisemitismus zu immunisieren und sie für gesellschaftliches Engagement zu mobilisieren. »Über die Geschichte nachzudenken, bedeutet, über die Zukunft zu entscheiden«, betonte Charlotte Knobloch.

In ähnlicher Weise äußerten sich bei der Ehrung auch die Vorsitzende des Freundeskreises von Yad Vashem in Deutschland, Hildegard Müller, und Arik Rav-On, Direktor von Yad Vashem für die deutschsprachigen Länder. Die Laudatio hielt Sandra Witte von der Botschaft des Staates Israel in Berlin.

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