Unsere jüdische Zukunft hängt nicht zuletzt auch davon ab, dass qualifizierte Rabbiner mit ihrem Wissen, mit Rat und Tat zur Seite stehen und die reiche jüdische Tradition der nächsten Generation vermitteln.» Mit diesen eindringlichen Worten machte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, die Bedeutung des Rabbinerseminars zu Berlin deutlich.
Dieses feierte am vergangenen Sonntag in der Synagoge der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig sein zehnjähriges Bestehen mit einem Konzert der Rabbiner Zsolt Balla und Daniel Fabian. Der Auftakt der bundesweiten Veranstaltungsreihe «Zehn Jahre Rabbinerseminar – Wiedereröffnung und Fortführung» fand im März 2019 in Osnabrück statt.
HILDESHEIMER Im Jahre 1873 gründete Rabbiner Esriel Hildesheimer das Rabbinerseminar zu Berlin. Die Ausbildungsstätte für orthodoxe Rabbiner wurde 1938 von den Nationalsozialisten geschlossen. Der Zentralrat der Juden in Deutschland sowie die Ronald S. Lauder Foundation eröffneten das Seminar im Jahre 2009 wieder. Seitdem haben dort 16 orthodoxe Rabbiner ihre Ausbildung abgeschlossen.
Mit einer Begrüßungsrede eröffnete Küf Kaufmann, der Vorsitzende der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig, den Konzertabend «Rund um das Jüdische Jahr» in der historischen Synagoge.
«Für viele ist es die Musik, die sie mit dem Judentum verbindet und an die Tradition heranführt.»Zentralratspräsident Josef Schuster
In Leipzig war also nun Zeit für Dankbarkeit und Demut. «Wir befinden uns fast am jüdischen Jahresende, im Monat Elul – einem Monat der Besinnung und Umkehr. Mit dem heutigen Konzert feiern wir das zehnte Jubiläum des Rabbinerseminars zu Berlin», zeigte sich Schuster berührt. Er würdigte die Neugründung des Rabbinerseminars als «Meilenstein für die Weiterentwicklung jüdischen Lebens in Deutschland». Dabei betonte Schuster vor allem die identitätsstiftende Wirkung von Musik.
«Für viele ist es die Musik, die sie mit dem Judentum verbindet und an die Tradition heranführt, deshalb brauchen wir in unserer Gemeinde Menschen, die dieses Erbe weitergeben – gerade in Zeiten, die nicht einfach sind», sagte Schuster.
Der Zentralratspräsident beklagte die sinkende Toleranz gegenüber Minderheiten und drückte seine Sorge über die Zunahme antisemitischer Gewalt in Deutschland. In diesem Zusammenhang begrüßte er den Runden Tisch des Berliner Senats, eine Initiative zu antisemitischer Gewalt, die am vergangenen Donnerstag zum ersten Mal in Berlin tagte. Die Initiative berät, wie die Sicherheit der Juden in der Hauptstadt erhöht werden könne.
Schuster verwies dabei auf das Leitwort «In Deutschland zu Hause» des Gemeindetages, den der Zentralrat im Dezember 2019 in Berlin ausrichten wird. «Die jüdische Gemeinde versteht sich als Teil der Gesellschaft, die wir mitgestalten können – zum Wohle der Demokratie», hob Schuster hervor.
«Im Rabbinerseminar erhielt ich die Werkzeuge des Lebens.» Zsolt Balla
Auf eine musikalische und besinnliche Reise durch das jüdische Jahr luden in Leipzig Rabbiner Zsolt Balla und Rabbiner Daniel Fabian ein. Die liturgischen Gesänge des Duos waren mit Geschichten, Anekdoten und historischen Ereignissen rund um jüdische Bräuche und Feiertage angereichert.
Die beiden Absolventen des Rabbinerseminars, die sich während ihrer Ausbildung kennenlernten, musizieren bereits seit vielen Jahren gemeinsam. «Im Rabbinerseminar habe ich die Werkzeuge des Lebens erhalten», sagte Balla, Landesrabbiner in Sachsen und Gemeinderabbiner in Leipzig. Der Direktor des Instituts für Traditionelle Jüdische Liturgie in Leipzig betonte die Kraft des jüdischen Glaubens, die Türen öffne.
Auch Fabian unterstrich die Förderung der Absolventen in ihren kognitiven Fähigkeiten, in der Freude am selbstständigen Lernen und der Vorbereitung auf den Gemeindealltag.
BARMIZWA Ereignisreiche Tage und eine feierliche Zeremonie gingen dem Konzertabend voraus. Anlässlich einer Barmizwa fand von Freitag bis Sonntag ein überregionaler Schabbaton in Leipzig statt. Zur gemeinsamen Vorbereitung des Festes waren Jugendliche im Alter von elf bis 18 Jahren aus Chemnitz, Dresden und Leipzig sowie aus den Gemeinden in Magdeburg und Erfurt angereist.
Ebenso nahmen Zsolt Balla, Rabbiner Daniel Fabian sowie Michael Grünberg, Vorsitzender des Bundes traditioneller Juden in Deutschland (BtJ), daran teil. Aufgrund einer Förderung durch den BtJ konnten auch die in Leipzig ansässigen Familienmitglieder eingeladen werden.
«Die Unterstützung ermöglichte ein generationsübergreifendes Fest mit vielen Höhepunkten», sagte Rebbetzin Marina Balla, Organisatorin des Schabbatons und Beiratsmitglied im Rabbinerseminar.