Bewusst haben sich die Max Dienemann / Salomon Formstecher Gesellschaft und die Stadt Offenbach die Tage vor den Hohen Feiertagen als Zeit des Innehaltens, des Gedenkens und der Buße ausgesucht, um die Erinnerungsstätte der ehemaligen zweiten Offenbacher Synagoge mit einer Lichtinstallation stärker in die öffentliche Wahrnehmung zu rücken.
Ein in den Boden eingelassenes Band mit Leuchtdioden setzt nun die Überreste der in den Jahren 1729 und 1730 errichteten Synagoge in Szene. Mehr als die denkmalgeschützte Ostwand ist von dem Bauwerk nicht erhalten. Bis 1916 wurde die Synagoge in der Hintergasse genutzt. Sie grenzte einst an die damalige Große Judengasse, die heute »Große Marktstraße« heißt und Offenbachs Fußgängerzone und Einkaufsmeile ist.
Nachbarschaft Heute liegt die Gedenkstätte in unmittelbarer Nachbarschaft eines griechischen Cafés, eines türkischen Treffs und einer Spielhalle. Die Eigentümer des Gebäudes, in dem sich ein Drogeriemarkt befindet, waren bei Bauarbeiten auf die alte Synagogenwand gestoßen. Vor drei Jahren legten sie, mit finanzieller Unterstützung der Dienemann-Gesellschaft und der Stadt, die Hausfront frei und restaurierten sie – immerhin ist die Mauer aus Sandstein eines der ältesten noch erhaltenen Bauwerke der Stadt.
Anschließend wurden dort die »Stele der Erinnerung« aufgestellt und zwei Tafeln mit Informationen über das jüdische Leben in Offenbach angebracht. An der Sanierung haben sich auch die Hauseigentümer Gabriele und Rolf Wille finanziell beteiligt. Viel Aufhebens darum wollen sie aber nicht machen: »Als Besitzer eines historischen Bauwerks hat man doch eine Verpflichtung«, sagt Rolf Wille.
Anton Jakob Weinberger, der Vorsitzende der Max Dienemann / Salomon Formstecher Gesellschaft, hofft, dass die alte Synagogen-Wand »durch das Lichtband einen Akzent bekommt, der die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich zieht«. Und er verbindet mit der Illumination den Wunsch, dass die Erinnerungsstätte »in einer Zeit der weltweiten Unruhe und Umbrüche ein Ort der Besinnung, des friedlichen Miteinanders von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur und Religion« werden möge.
Akzeptanz Zumindest bislang scheint seine Hoffnung aufzugehen: In den drei Jahren ihres Bestehens wurde die Stele bislang weder beschmiert noch beschädigt. »Das ist tabu«, sagte Offenbachs Oberbürgermeister Horst Schneider während der Feier. Offenbar gehört die Synagogenwand zum breit akzeptierten Teil des Offenbacher Stadtbildes – genauso wie die ehemalige große, kuppelüberdachte Synagoge an der Goethestraße.
Das im Jahr 1916 eingeweihte Gebäude blieb in der Pogromnacht 1938 weitgehend verschont, weil die NS-Schergen es nutzen wollten. Die Gemeinde musste das Gebäude an einen Kinobetreiber verkaufen, der es auch für Nazi-Kundgebungen zur Verfügung stellte. 1954 verkaufte die neu gegründete jüdische Gemeinde ihr restituiertes und nun für sie zu großes Gotteshaus an die Stadt. Seitdem ist das heutige »Capitol« Veranstaltungsort für Konzerte, Theater, kulturelle Veranstaltungen und Tagungen – unter anderem war es Spielstätte des Musicals Tommy von The Who.
Erweiterung Ihre heutige Synagoge an der Kaiserstraße eröffnete die Jüdische Gemeinde Offenbach am 2. September 1956. Der Bau des Architekten Hermann Zvi Guttmann war deutlich kleiner als die ehemalige Synagoge. 1997 wurde sie nach Plänen des heutigen Gemeindevorsitzenden Alfred Jacoby umgestaltet und erweitert. Die Max Dienemann / Salomon Formstecher Gesellschaft feiert in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen.
www.dienemann-formstecher.de