Wir sind stolz auf diesen Sohn unserer Stadt», bekannte Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz. Samuel Adler wurde vor 90 Jahren in Mannheim geboren. Die Musikwelt kennt den Amerikaner als großen Komponisten und Lehrer. Jüdisch-deutsche Musikkultur steht am Anfang seiner langen Karriere während eines bewegten Lebens. Nun würdigte ihn die Mannheimer Gemeinde in einer Feierstunde mit einem Konzert.
«Als Sohn der Gemeinde» hieß ihn Gemeindevorsitzender Majid Khoshlessan am Rabbiner-Grünewald-Platz willkommen. Ein Messingschild am Eingang weist den großen Gemeindesaal jetzt als «Samuel-Adler-Saal» aus. Außerdem ernannte die Gemeinde den 1928 geborenen Sohn des Oberkantors an der Mannheimer Hauptsynagoge, Hugo C. Adler, zum Ehrenmitglied.
Barmizwa Da er im Alter von elf Jahren vor den Nazis fliehen musste und seine Barmizwa nicht mehr feiern konnte, erhielt Adler jetzt nachträglich die Urkunde für die religiöse Mündigkeit überreicht.
Dass Samuel Adler ein Brückenbauer zur verbindenden Kraft der Musik ist, hat er Zeit seines Lebens unter Beweis gestellt. Dementsprechend hat er auch seine vorerst nur auf Englisch erschienene Autobiografie so betitelt: Brückenbauen mit Musik. 1950 hatte er als US-Soldat in Deutschland bereits das Seventh Army Symphony Orchestra gegründet und war mit ihm auch in Mannheim aufgetreten.
«Vergeben, ohne zu vergessen» lautet Samuel Adlers lebenslanges Motto. «Wir würdigen ein amerikanisches Komponistenleben, aber gleichzeitig auch eine Mannheimer Biografie», sagte Oberbürgermeister Kurz. Adler habe trotz all dem, was das Naziregime ihm und seiner Familie angetan hat, den Kontakt zu Deutschland nicht abreißen lassen.
Kurz erzählte, wie Samuel Adler und sein Vater in der Pogromnacht 1938 Bücher aus der bereits zerstörten Synagoge gerettet hatten. Der kleine Samuel musste in all dem Staub niesen. Die Wachen der SA wurden auf die Eindringlinge aufmerksam. Doch in diesem Moment stürzte die aus ihrer Verankerung gesprengte Orgel krachend herab. Vater und Sohn konnten unerkannt entkommen.
Laudatio Der Cellist Eginhard Teichmann, Ehrenmitglied der Mannheimer Musikakademie, skizzierte in seiner Laudatio das Schaffen und die universelle Bedeutung Samuel Adlers in der Welt der modernen Musik. Adler gehöre zur «Elite zeitgenössischer Komponisten».
Sein Musikstudium absolvierte Adler von 1943 bis 1950 an den Universitäten von Boston und Harvard. Paul Hindemith und Aaron Copland unterrichteten ihn in Kompositionslehre. Das Fach Dirigieren belegte er bei Serge Koussevitzky. 1953 erhielt Adler eine Stelle als musikalischer Leiter am Temple Emanu-El in Dallas. Er lehrte an der Universität von Nord-Texas und ab 1995 an der Eastman School in Rochester. Bis vor wenigen Jahren war er Professor an der berühmten Juilliard School in New York. Weltweit sind heute noch seine Meisterkurse und Seminare gefragt, besonders auch in Deutschland. Sein Buch The Study of Orchestration gilt als Standardwerk. Adler schrieb fünf Opern, sechs Sinfonien, acht Streichquartette, Instrumentalkonzerte, Chormusiken und Lieder.
Das abschließende Konzert gab eine Kostprobe von der Vielschichtigkeit in Adlers Werk. Das Stück «Four Songs About Nature» hatte Adler bereits mit 19 Jahren geschrieben. Die Sopranistin Sabine Goetz trug dieses Lied vor. Klangfarbe, Tonumfang und Ausdruckskraft eines Cellos zeigten sich in der «Sonate für Violoncello-Solo». Auf seine religiösen Wurzeln verweisen sehr eindringlich die liturgischen Gesänge von Hugo und Samuel Adler, vorgetragen vom Mannheimer Kantor Amnon Seelig, Bariton, und von Nathalie Seelig, Sopran.
Mit begeistertem Beifall bedacht wurde die «Sonate 4 für Violine und Klavier», interpretiert von Jeanette Pitkevica, Violine, und Rudolf Meister, Klavier. Schließlich gratulierten Friedemann Dölling, Cello, und Rudolf Meister, Klavier, mit Eginhard Teichmanns Stück «Young Old Sam» Samuel Adler zum 90. Geburtstag.