Das Schild auf der Aktionsfläche im Scheck-In Center am Karlsruher Mendelssohnplatz ist nicht zu übersehen: Mit seiner Unterschrift und einem Stempel bescheinigt der Rabbiner der Jüdischen Kultusgemeinde, Zeev-Wolf Rubins, dass die auf dem Tisch und in der danebenstehenden Kühltruhe präsentierten Lebensmittel den strengen koscheren Speisegesetzen entsprechen.
Ein Angebot, das neu und einmalig in der gesamten Region ist. Die Jüdische Kultusgemeinde Karlsruhe hat rund 1000 Mitglieder, bald will sie eine Kindertagespflegestätte eröffnen, doch koschere Lebensmittel wurden seit 70 Jahren in Karlsruhe nicht mehr angeboten, sagte der Rabbiner.
angebot Vor dem Krieg gab es in der Stadt selbstverständlich koschere Lebensmittel. Die Mazzenfabrik Strauss stellte bis 1936 im heutigen Stadtteil Neureut das ungesäuerte Brot für die Kundschaft in der Umgebung und später für ganz Deutschland her. In den vergangenen Jahrzehnten mussten Juden zum Einkaufen jedoch nach Straßburg oder Frankfurt fahren.
Dieser Aufwand entfällt nun: Dass sich Scheck-In entschied, das Angebot um koschere Produkte zu erweitern, bezeichnet Rubins als einen wichtigen Schritt. »Es ist eine ganz andere Lebensqualität, dass wir in der Stadt, in der wir wohnen und zu Hause sind, koschere Waren kaufen können. Ich bin sehr, sehr glücklich«, betont Rubins, der nun immer wieder kontrollieren wird, dass die Produkte im Markt koscher sind.
Ein Rabbiner garantiert dies bereits für die Produktion. Und Rubins achtet unter anderem auf die richtige Lagerung. Es gehe dabei auch um Vertrauen, stellt er klar. Man kennt ihn aus der Kultusgemeinde. Das koschere Angebot werden wohl auch Mitglieder der umliegenden Gemeinden wie Pforzheim oder Speyer nutzen, erwartet werden Kunden aus dem gesamten nordbadischen Raum.
Nachfrage »Wir gehen fest davon aus, dass die Nachfrage da ist«, sagt der stellvertretende Marktleiter von Scheck-In am Mendelssohnplatz, Markus Böhm, dessen Unternehmen bereits Erfahrungen mit diesen Produkten in der Filiale in Frankfurt am Main sammelte. Dort bietet seine Kette seit rund einem halben Jahr koschere Lebensmittel an. So wurden die Karlsruher darauf aufmerksam. Deren Vorstand suchte dann das Gespräch mit der örtlichen Marktleitung – und stieß auf offene Ohren.
Im Angebot sind abgepackte Wurst und Tiefkühlfleisch. Es gibt Schokoladenkuchen, Wein, Traubensaft, Milch, Mayonnaise und Oliven sowie Knabberartikel und Süßigkeiten. »In den Gurkengläsern sind garantiert keine Milchsäure und keine tierischen Produkte enthalten. Und in der Wurst findet sich kein Pferdefleisch«, versichert der Rabbiner.
Gesundheit »In Zeiten der bewussten Ernährung und in Anbetracht der Lebensmittelskandale ist die Kontrolle, die wir garantieren, bestimmt auch für Nichtjuden interessant«, ist sich Rubins sicher. Ins Angebot aufgenommen werden sollen später noch Käse und Spezialitäten wie Hummus.
»Die Palette werden wir im Austausch mit der Jüdischen Gemeinde der Nachfrage anpassen«, versichert Böhm, der die Waren mittelfristig nicht auf einer Aktionsfläche präsentieren, sondern »koschere Kekse bei den Keksen« einräumen will. »Somit können wir ganz normal einkaufen gehen und finden doch unsere Waren«, sagt die Geschäftsführerin der Gemeinde, Katia Novominski.