Für schwere Geburten bedürfe es bekanntlich Frauen, sagt Wolfgang Nossen, der am Abend des 26. November von Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht mit dem Verdienstorden des Landes ausgezeichnet wurde. Aus diesen kritischen und offenen Worten spricht nicht Eitelkeit eines Geehrten, sondern sie drücken Wolfgang Nossens innigsten Wunsch aus, dass dem immerwährenden Dagegenhalten und Mahnen Respekt gezollt wird.
Und er bestätigt mit seinen Worten genau das, was die CDU-Politikerin in ihrer Laudatio über den Vorsitzenden der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen gesagt hat. Er ist knarzig, fordernd, geradeheraus, manchmal auch unbequem, aber unbedingt verlässlich und hartnäckig im Kampf gegen Rechts.
gegen rechts Wenn einer den Orden verdient hat, dann Nossen, betont auch Zentralratspräsident Graumann, der ihm seine Hochachtung bekundet. Dieses eine Leben hätte locker für vier oder fünf ausgereicht und ebenso die Energie, die dahinter stehen müsse.
Mit der in Thüringen sprichwörtlich gewordenen »Nossenschen Hartnäckigkeit« habe der Gemeindevorsitzende immer Präventionsmaßnahmen gegen Rechts gefordert, habe kritisiert, wenn finanzielle Unterstützung gekürzt wurde, habe sich aufgelehnt und um Staatsmittel für die jüdische Gemeinschaft gefochten. Und Graumann wiederholte – ganz im Sinne des Geehrten – seine Aufforderung: »Es muss einen Ruck gegen Rechts geben.« Der Zentralratspräsident forderte mehr Entschlossenheit und Empathie, die etwa in Demonstrationen das Aufbegehren gegen den braunen Terror zeigen müsse.
Ihren festen Willen, hierbei Unterstützung zu leisten, versichert Lieberknecht glaubhaft bei der Zeremonie im Barocksaal der Staatskanzlei. »Öffnet mir die Tore zur Gerechtigkeit« sei Nossens Wahlspruch. »Sie haben diesen Psalm gelebt.« Schon im Jahr 2000 hätten sie nach dem Brandanschlag auf die Synagoge zusammengestanden und vor einer rechten Gefahr gewarnt.
»Die jüngsten Ereignisse übersteigen alles, was wir uns vorstellen konnten«, geht sie auf die in den vergangenen Wochen bekannt gewordene, zehn Jahre währende Nazimordserie ein. Jetzt müsse dringend wieder Vertrauen hergestellt werden, und dies erfordere konsequentes und eindeutiges Handeln. »An Ihren Worten konnte man sich stets orientieren, auch wenn sie manchmal unbequem waren«, fügte Lieberknecht hinzu.
bildung Die Ministerpräsidentin skizzierte die Entwicklung der Gemeinde. 1989 gab es 26 Gemeindemitglieder, gegenwärtig sind es 830. »Heute sprechen wir in Erfurt von jüdischen Schätzen«, die Stadt bemüht sich mit der Kleinen und der Alten Synagoge um den UNESCO-Weltkulturerbestatus. In den Schulen könne man das Fach jüdische Religionslehre belegen, jüdische Bildung werde weitergegeben, Aufklärungsarbeit an den Schulen betrieben, zu der »auch Sie, Herr Nossen, durch Ihre Zeitzeugenschaft beitragen«.
Die Amtseinführung von Rabbiner Konstantin Pal im vergangenen Jahr sei ein weiterer Meilenstein gewesen, jüdisches Leben in Thüringen erkennbar zu machen. Es sei ihr deshalb eine Freude und Ehre, in Anerkennung der großen Verdienste um das Land Thüringen, Wolfgang Nossen den Verdienstorden des Landes überreichen zu können.