Martin Kranz, Intendant der Jüdischen Kulturtage, macht seinen Job seit 2004. Auch dem diesjährigen Festival, das heute beginnt, hat er seinen Stempel aufgedrückt. Das bedeutet nicht nur, dass er einmal mehr mit dem überaus knappen finanziellen Rahmen von rund 350.000 Euro auskommen musste.
Sondern auch, dass er erneut eine Vielzahl hochkarätiger Veranstaltungen zusammengestellt hat, die die Weite und Vielfalt jüdischer Kultur repräsentieren. Jüdische Kultur erfreut sich nach wie vor – jenseits des Antisemitismus- und Kriegsgepolters – großer Beliebtheit, wie die stetig wachsende Besucherzahl zeigt.
Das liegt nicht zuletzt an dem Mix, der bei den Kulturtagen angeboten wird und für den Martin Kranz Geschick zu haben scheint. Dabei gehören für ihn zu einem erfolgreichen Festival nicht nur Neuheiten, sondern auch Klassiker wie der Shuk Ha’Carmel. Das Straßenfest findet am 7. September von 12 bis 18 Uhr in der Fasanenstraße statt.
Kulinarisch geht es auch direkt nach dem Markt beim »Jewish Dinner kosher Style« im Hotel Savoy zu, einem Treffen des Savoy-Küchenchefs Stefan Förster mit dem israelischen TV-Koch Tom Franz, der vergangenes Jahr durch die Sendung Masterchef bekannt wurde.
Botschafter Doch auch diejenigen, die Literatur, Kino und Kunst mögen, kommen bei den Kulturtagen auf ihre Kosten. Avi Primor, langjähriger Botschafter Israels in Berlin, stellt seinen neuen Roman vor, am 10. September in der Konrad-Adenauer-Stiftung. Ebenfalls schon in Berlin bekannt ist der australische Gelehrte David Solomon. Am 8. September erklärt er in der Werkstatt der Kulturen, wie »die moderne jüdische Welt entstand«. Für den Tag darauf hat er angekündigt, in der Heinrich-Böll-Stiftung »die gesamte jüdische Bibel in einer Stunde« zu erläutern.
Im Centrum Judaicum wird am 7. September eine Ausstellung über Kurt Jacobowitz Jasen eröffnet, einen Juden, dem 1938 die Flucht aus Berlin gelang und der 1945 mit der US-Armee als Offizier in seine alte Heimat zurückkehrte. Ebenfalls im Centrum Judaicum wird das dramatische Leben der Gisi Fleischmann aus Bratislava ausgestellt. Und wer noch immer nicht genug hat von Sehen und Staunen, dem sei wärmstens die Reihe mit jüdisch-polnischen Filmen im Zeughauskino empfohlen.
Herzstück und Publikumsmagnet der Kulturtage sind einmal mehr die Konzerte. Schon der Auftakt am heutigen Donnerstag um 20 Uhr in der Synagoge Rykestraße ist ein Paukenschlag. Der Star-Countertenor Jochen Kowalski hat dabei einen wahren Schatz im Gepäck: Kompositionen des vergessenen Schoa-Überlebenden Max Kowalski. Und als sei das noch nicht spektakulär genug, werden an diesem Abend in der Rykestraße Kompositionen von Erwin Schulhoff und Paul Dessau gespielt.
Idan Raichel Das übrige Programm besteht weitestgehend aus alten Bekannten, allesamt Top-Stars der israelischen Szene: die sefardische Sängerin Yasmin Levy mit einem Tango-Programm (10. September), Idan Raichel (11. September) mit seinen großartigen Multikulti-Hymnen und Jazz-Ikone Avishai Cohen mit seinem Streicherensemble (14. September).
Zu den Stars zählen auch der Mandolinenspieler Avi Avital und der Klarinettist David Orlowsky, die beide in Berlin leben und darum am 13. September die kürzeste Anreise zur Rykestraße haben. Dass die genannten Musiker wiederholt bei dem Festival auftreten, ist kein Makel. Laut Intendant Kranz eröffnen Wiederholungen die Möglichkeit, Entwicklungen der Musiker über Jahre zu verfolgen.
www.juedische-kulturtage.org