Strahlender Sonnenschein, ein laues Lüftchen – das erste Juniwochenende in Duisburg war wie geschaffen für Ausflüge. »Aber wir konnten trotzdem keinen Schabbat-Spaziergang machen«, sagt Gabriel Goldberg, Organisator eines Mini-Machane in der Gemeinde. Denn draußen waren schon andere: Rund 5.000 Menschen kamen vor dem Rathaus der Rhein-Ruhr-Stadt zu einer Anti-Israel-Demonstration zusammen. Das bedeutete für die 45 jüdischen Kinder und Jugendlichen präventiven Hausarrest.
Wenige hundert Meter von Synagoge und Gemeindezentrum entfernt wehten türkische Fahnen. Reden wurden gehalten, der israelische Einsatz gegen die Gaza-Flotille verurteilt, gemeinsam gebetet. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort, denn in Duisburg machte man in jüngster Vergangenheit die Erfahrung, dass schon eine einzige Israelfahne am Rande solcher Demonstrationen zu antisemitischen Ausfällen und versuchten Übergriffen führen kann. »Wir entschieden uns dafür, die Kinder und Jugendlichen nicht nach draußen gehen zu lassen«, sagt Michael Rubinstein, Geschäftsführer der Gemeinde. »Das ist beim Staatsschutz, der bei uns angerufen hat, auf offene Ohren gestoßen.«
festung Bei der Duisburger Polizei betont man, dass es keine ausdrückliche Empfehlung oder Einwirkung auf die Gemeinde gegeben habe. Doch sei im Vorfeld Kontakt aufgenommen worden, bestätigt Pressesprecher Hermann-Josef Hellmich. Auch sei die Bewachung des Gebiets um den Demonstrationsort verstärkt worden. »Das hat aber nichts mit dem Gemeindezentrum zu tun, dort sind keine besonderen Maßnahmen erfolgt«, sagt Hellmich. »Das ganze Gebiet ist in ein Raumschutzkonzept gefallen. Das ist ein übliches Verfahren.«
Das übliche Verfahren wäre für die Kinder zwischen acht und 14 Jahren allerdings nur schwer zu verstehen gewesen. »Wir waren wie eine Festung«, berichtet Goldberg. »Aber die Jugendleiter hatten die Anweisung, dass die Kinder nichts davon mitbekommen sollten. Sie werden sich noch früh genug damit auseinandersetzen müssen, dass man Juden kollektiv verurteilt. Die Kinder sollten an diesem Wochenende einfach Kinder sein.« Dass vor der Tür Mannschaftswagen parkten und berittene Polizei vorbeitrabte, wurde den jungen Besuchern damit erklärt, dass Polizisten ja auch mal etwas tun müssten.
israel Zwar sei dies »ein Zeichen dafür, dass wir von Normalität noch weit entfernt sind«, meint Michael Rubinstein. »Aber«, fügt er hinzu, »bis auf eine Anfrage eines türkischen Fernsehsenders wurden wir mit der Thematik gar nicht behelligt. Zumindest die Leute hier in der Umgebung scheinen verstanden zu haben, dass wir als Gemeinde nicht das Sprachrohr des israelischen Staates sind.«