Abi Ofarim

Kaddisch für einen Freund

Seine beiden Söhne Gil und Tal, Lebensgefährtin Kirsten Schmidt, Angehörige, Freunde, Weggefährten, Künstlerkollegen, Fans: Hunderte Trauergäste hatten sich am Dienstag vergangener Woche auf dem Neuen Israelitischen Friedhof eingefunden, um Abschied von Abi Ofarim zu nehmen. Der Sänger, Songwriter, Choreograf und Musikproduzent war Anfang Mai nach langer schwerer Krankheit im Alter von 80 Jahren in seiner Wahlheimat München gestorben.

Vor drei Jahren, beim Israel-Tag auf dem Odeonsplatz, stand der 1937 in Israel geborene einstige Weltstar noch so auf der Bühne, wie man ihn kannte: jung geblieben wie seine Musik, stark, präsent, tatkräftig, stimmgewaltig. An diese Eigenschaften erinnerte IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch in ihrer einfühlsamen Trauerrede.

»Es gibt Menschen«, sagte sie, »von denen denkt und wünscht man sich, sie lebten ewig. Auch Abi Ofarim hat zu diesen Menschen gezählt. Wir alle dachten, er lebe ewig. Jung und präsent – das blieb er auch bis weit über 70. Wir wollten glauben, Avi gehört zum Inventar unserer Welt, unseres Lebens.«

Verlust Im Leben seiner beiden Söhne spielte Ofarim eine ganz zentrale Rolle. Das ging auch aus den bewegenden Worten hervor, die Gil und Tal in den sozialen Medien nach dem Tod ihres Vaters posteten – und es zeigte sich beim Abschiednehmen auf dem Friedhof. Als sich der Sarg ins Grab senkte, war der Schmerz über den Verlust ihres Vaters fast körperlich spürbar.

IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch hatte zuvor in ihrer Trauerrede auf ein wesentliches Element hingewiesen, das über den Tod hinausgeht. »In Erinnerung bleiben wird der Mensch, der Künstler, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, mit seiner Musik Spaß und Lebensfreude zu schenken«, stellte sie fest.

Menschen wie Abi Ofarim fehlen in mehrfacher Hinsicht, stellte Charlotte Knobloch fest: in ihrer Familie, in ihrem Umfeld, in ihrer Branche, bei ihren Fans – aber auch als Lichtbringer, als Hoffnungsschimmer. »Abi Ofarim«, erklärte die IKG-Präsidentin, »verkörperte so vieles, was unsere Welt, unsere Zeit gerade heute so dringend braucht: Offenheit, Freiheitlichkeit, Empathie, Warmherzigkeit, Menschlichkeit.« Um diese Werte und diese Haltung zu leben und zu vermitteln, habe er die Musik als universelle Sprache genutzt.

Erfolge 59 Goldene Schallplatten dokumentieren den Erfolg von Abi Ofarim, der in eine Reihe mit den Beatles oder den Bee Gees zu stellen sei. Sogar die Queen, wie sich Charlotte Knobloch erinnerte, sei von seiner Musik angetan gewesen. Songs wie »Cinderella Rockefella« oder »Morning of my Life« machten Abi Ofarim und seine erste Frau Esther zu internationalen Stars.

Alt-Oberbürgermeister Christian Ude lernte den in Schwabing lebenden Künstler erst vor einigen Jahren intensiver kennen, wie er bei der Trauerfeier erklärte. Anlass sei das Projekt »Kinder von gestern« gewesen, mit dem sich Abi Ofarim für Senioren engagiert hatte. Ein Begriff sei er ihm aber schon vorher gewesen. Ude ging auch auf das bewegte Leben des Verstorbenen ein, das aus Höhen, aber mit am Ende überstandenen Drogen- und Alkohol­exzessen auch aus Tiefen bestanden hatte.

Darauf ging auch die IKG-Präsidentin ein und zitierte in diesem Zusammenhang aus der Autobiografie von Abi Ofarim. Er hatte geschrieben: »Anfangen können wir alle, solange wir leben. Immer wieder neu. Damit es morgen noch schöner wird.« Das habe er selbst beherzigt und es als seine Lebensaufgabe begriffen, Sonnenschein und Lebensmut zu schenken. »Lassen Sie uns dankbar sein für die Begegnungen, die wir mit diesem großartigen Menschen teilen durften, für diese geschenkten Momente, für die Freude, die er uns gab – und die bleiben«, wandte sich die IKG-Präsidentin an die Trauergäste.

Zeremonie Es war eine lange Menschenschlange, die sich nach der Zeremonie von der Aussegnungshalle zum Grab in Bewegung setzte. Direkt hinter dem hellen Holzsarg gingen die beiden Söhne und die engsten Angehörigen. Zu den Trauergästen zählten auch viele prominente Freunde und Bekannte des Verstorbenen, die ihm die letzte Ehre zuteilwerden ließen. Musikproduzent Ralph Siegel gehörte da­zu, ebenso Schauspieler wie Max Tidof, Michel Guillaume, Ernst Hannawald und Nachbarin Ingrid Steeger.

In ihrer Trauerrede hatte Knobloch auch auf die Unabänderlichkeit des Lebenszyklus hingewiesen und aus dem Buch Kohelet der Heiligen Schrift zitiert: »Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde (...). Weinen hat seine Zeit, Lachen hat seine Zeit; Klagen hat seine Zeit, Tanzen hat seine Zeit.«

Den Trauergästen gab sie aber auch noch ein Zitat von Abi Ofarim mit auf den Weg. »Die Sonne«, hatte er einmal gesagt, »ist immer da, auch wenn es dunkel ist. Es liegt an dir, ob du sie siehst.«

Frankfurt/Main

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