Gutes tun – das ist im Judentum eine heilige Pflicht, eine Mizwa. Vor gut zwei Jahrzehnten wurde zur Förderung des sozialen Engagements in den USA ein eigener Mitzvah Day eingeführt, um dies zu unterstreichen. Seit ein paar Jahren gibt es diesen Tag auch in Europa.
Am 16. November wurde der Mitzvah Day auch in München begangen – innerhalb und außerhalb der Kultusgemeinde: »Es ist ein Tag, an dem sich alle engagiert einbringen und damit nicht nur ihre Nächstenliebe, sondern auch ihre Verbundenheit mit der Gemeinde zum Ausdruck bringen«, wie es Präsidentin Charlotte Knobloch am Nachmittag im Hubert-Burda-Saal unterstrich.
Flüchtlinge Angefangen hatte dieser Sonntag im Zeichen der Mizwot bereits vormittags in einem Münchner Flüchtlingsheim. Die »Mitzwe Makers« – ein Verein, in dem sich engagierte Gemeindemitglieder vor rund zwei Jahren zusammengetan haben, um anzupacken – hatten sich in diesem Jahr ein ganz besonderes Projekt vorgenommen: Die Gruppe wollte Flüchtlingskindern einen Tag voller Freude bescheren.
In einer Flüchtlingsunterkunft mit vorwiegend jungen Menschen aus vielen Ländern, insbesondere aus dem Nahen Osten, kamen sie mit 30 Farbrollern, 120 Pinseln, 15 Eimern Farbe und viel Tatendrang an. Aus dem ursprünglichen Plan, den tristen Aufenthaltsraum zu verschönern, wurde dank vieler Helfer und der Unterstützung der AWO, die für die Betreuung der Flüchtlinge in diesem Haus zuständig ist, ein Familienfest. Auch die Nachbarschaft nahm an der Aktion teil und steuerte nicht nur selbst gebackenen Kuchen bei, sondern feierte mit ihren Familien mit.
Junge Künstler verzierten die triste Wand in der provisorischen Kantine mit tollen Naturmotiven. Die Flüchtlinge ließen es sich nicht nehmen und nahmen selbst Pinsel in die Hand, um Bilder und Nationalflaggen ihrer Herkunftsländer im Raum an Säulen zu malen. Die Kinder freuten sich über die vielen gespendeten Spielzeuge, die auch weiterhin abgegeben werden können. Mit Musik, Tanz, Kinderschminken, Spielen und vielen Gesprächen brachte die Aktion so nicht nur materielle Hilfe, sondern vor allem viel Freude für alle.
spender Neben den Mitzwe Makers und der AWO hatten zu diesem Erfolg auch die ZJD Snif Muc/Ffm/Berlin, die Eltern der Hausaufgabenbetreuung des Luitpold-Gymnasiums, die Vermieter der Flüchtlingsunterkunft und zahlreiche Spender beigetragen. Freude über ein Beisammensein gab es am Nachmittag auch im Gemeindezentrum am Jakobsplatz. Dort hatte die IKG – federführend war die Sozialabteilung, die das Treffen organisierte – die Kultusgemeinde zu einem bunten Seniorennachmittag unter dem Motto »75 plus – na und?
Senioren der IKG go Party!« eingeladen. Und schon beim Betreten des Saals wurden die Gäste mit einem Musik-Potpourri aus Filmmusik, Swing und ein wenig Klezmer von Igor Bruskin am Flügel begrüßt. Charlotte Knobloch freute sich, dass sich alle – von den Kindergartenkindern bis zu den Gästen – so engagiert einbrachten: »Damit bringen Sie nicht nur Ihre Nächstenliebe, sondern auch Ihre Verbundenheit mit der Gemeinde zum Ausdruck.«
Ihr Dank galt Torah MiTzion für die vielen Mizwot, die sie nicht nur mit der Beteiligung an dem Nachmittag, sondern immer wieder als Bindeglied zwischen Israel und Diaspora, zwischen Religion und Weltlichkeit und zwischen den Menschen in all ihrer Unterschiedlichkeit leistet. Neben den Beiträgen von Igor Bruskin zeigte sie sich auch über die Beiträge von Kantor Moshe Fishel und ganz besonders der »Neshama Band« aus dem Jugendzentrum begeistert. Auch Jugendliche der Initiative Bnei Akiva waren gekommen.
Überraschung Die Jugendlichen von Neshama hatten zudem auch für die Senioren gebacken – ein kleines Extra zu der reichen und vielseitigen Bewirtung aus dem Gemeinderestaurant. Die Kinder aus der Sinai-Schule hatten ebenfalls eine Überraschung parat: Sie hatten eigens zu diesem Tag Bilder gemalt, die sie den Gästen überreichten.
Rabbiner Israel Meir Levinger sprach über die Bedeutung der Mizwot, und Ariel Kligman vom Vorstand der IKG verlieh seiner Freude darüber Ausdruck, dass an diesem Nachmittag das Zusammenwachsen der Gemeinde sichtbar geworden sei. Zum ersten Mal feierten an diesem Sonntag »Alteingesessene« in einem »angemessenen Proporz« gemeinsam mit denen, die noch nicht so lange in München leben.
Charlotte Knobloch erwähnte in ihrer Rede noch weitere Beispiele des Miteinanders. So besuchten die Kindergartenkinder Bewohner des Seniorenheims. Die Gruppe »Keschet« bastelte Chanukkakarten für Senioren, die ihre Wohnung nicht mehr verlassen können: »Was für eine wunderbare Idee, um diesen Menschen eine kleine, aber sehr feine Freude zu machen«, lobte die Präsidentin.
Ihr Dank galt neben allen Beteiligten, Sponsoren und Unterstützern des Mitzvah Day auch den Mitzwe Makers, die in kurzer Zeit zu einer unerlässlichen Institution geworden sind: »Wir brauchen solche Organisationen, um uns an unsere Pflichten zu erinnern und um uns bei deren Erfüllung zu unterstützen«, sagte Knobloch. »Sie sind wichtige Impulse für unser Zusammenleben und unsere Gemeinde.«