Willkommensmusik schallt über die weitläufigen Flure des Jüdischen Gymnasiums Moses Mendelssohn in Berlin-Mitte. Einer der jungen Saxofonspieler, die Mitte Mai die Gäste zu den »Kultursplittern«, der traditionellen jährlichen Präsentation der Schüler, mit den Klängen von »Hevenu Schalom Alejchem« begrüßten, besucht erst seit einer Woche das Jüdische Gymnasium – wegen antisemitischer Beschimpfungen hatte der Junge die Schule gewechselt. Dass ihr Sohn schon jetzt in der Band mitspielt, freut die Eltern sehr. Es zeugt von einer Kultur des Zusammenhalts und der Gemeinschaft, die an diesem Abend besonders zu spüren war.
Wochenlang hatten die Schüler geprobt. Was sie mithilfe ihrer Lehrer auf die Beine gestellt haben, konnte sich sehen lassen: Sie rezitierten Gedichte, Fabeln und Balladen, spielten bühnenreife Sketche und Theaterszenen, musizierten und sangen – vielsprachig auf Deutsch, Hebräisch, Russisch, Englisch und sogar Portugiesisch, und das mit einer Leichtigkeit und so viel Charme, dass sie die Begrüßungsworte des Schulleiters Aaron Eckstaedt von Anfang an mit Leben erfüllten.
funken »Die ›Kultursplitter‹ haben ihren Namen einer talmudischen Legende entlehnt, nach der die einst heile Welt in viele kleine Bestandteile zersprang, kleine göttliche Funken, die niemand sehen kann – mit Ausnahme von Kindern«, sagte Eckstedt.
Viele dieser Funken versprühten im Laufe des Abends ihren Glanz auf der Bühne, ob in den Klaviersoli einer Zehntklässlerin, der szenischen Aufführung des Erich-Kästner-Klassikers Das verhexte Telefon oder dem Bandauftritt mit einem Popsong des Sängers Bruno Mars.
Für Karina Markhbein aus der 8b sind es die zweiten »Kultursplitter«, die sie mitgestaltet. Die Achtklässlerin hatte im Februar bei der Jewrovision gesungen. Seit ihrem vierten Lebensjahr steht sie auf der Bühne. Aufgeregt ist sie trotzdem.
auftritt »Jeder Auftritt ist besonders«, sagt sie. An den »Kultursplittern« mag sie vor allem das Verbindende. »Wir haben das alles hier gemeinsam auf die Beine gestellt, mit den Lehrern. Der Zusammenhalt ist sehr stark, man merkt: Jeder Einzelne ist wichtig«, meint sie.
Als Karina später gemeinsam mit der Band den russischen Popsong »Sneg« (»Schnee«) vorträgt, spürt man, was sie meint: Alle fiebern mit, freuen sich mit ihr über den gelungenen Auftritt – auch der junge Saxofonspieler, der erst seit einer Woche dabei ist.