Gleich mit einem Highlight im Programmangebot, den Jüdischen Filmtagen, startet die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern traditionell ins neue bürgerliche Jahr. Daran hat sich auch 2018 bei der neunten Auflage des Festivals nichts geändert. Start ist am Sonntag dieser Woche mit einer externen Veranstaltung der Volkshochschule; eine Woche später wird dann das Gemeindezentrum am Jakobsplatz zum Treffpunkt für Cineasten.
IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch, die Gastgeberin, hat beim Blick auf das Programm der Jüdischen Filmtage auch zwei Ereignisse im Auge, die sich 2018 zum 80. beziehungsweise zum 70. Mal jähren, völlig unterschiedlicher Prägung sind und doch zusammengehören: die Pogrome vom 9. November 1938 und die Staatsgründung Israels. »Im Spannungsfeld historischer Erfahrung, einer langen Tradition von Gedenkkultur und kultureller Vielfalt«, kündigt Knobloch an, »bewegen sich auch die diesjährigen Jüdischen Filmtage.«
Geschichte In den monatelangen Vorbereitungen haben Ellen Presser und ihr Team ein Programm organisiert, das sich bei Weitem nicht allein auf die Vorführung von Filmen beschränkt. Begegnungen mit Regisseuren, Schauspielern, Historikern, Publizisten und Zeitzeugen sind Teil des Programms. Der Schauspieler Christian Berkel zum Beispiel wird am 21. Januar das Gemeindezentrum besuchen, wenn Guardians of Heritage – Hüter der Geschichte gezeigt wird.
In der mehrteiligen Dokumentation, von der zwei Teile gezeigt werden, geht der Dokumentarfilmer Emanuel Rotstein auf weltweiter Spurensuche der Frage nach, was die Zerstörung von Kultur und Geschichte, wie sie in Syrien und im Irak derzeit geschieht, wirklich bedeutet. Christian Berkel begab sich dabei auf die Suche nach der jüdischen Geschichte seiner Familie in Lódz und Jerusalem. In dem Mehrteiler kommen auch IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch und Alt-Oberbürgermeister Christian Ude zu Wort.
Als besonders empfehlenswert betrachtet IKG-Kulturchefin Ellen Presser den Spielfilm Norman mit Hollywood-Star Richard Gere in der Hauptrolle. Der 2016 gedrehte Film, der die Geschichte eines kleinen geltungsbedürftigen Mannes erzählt, der zu Ruhm kommen will, aber eine Krise auslöst, verschwand bereits nach wenigen Tagen wieder aus den deutschen Kinosälen. Für Ellen Presser ist der kaum zu sehen gewesene Streifen jedoch »ein absolutes Muss«.
Jiddisch So wie seit drei Jahren innerhalb der Jüdischen Filmtage eine Kooperation mit dem NS-Dokumentationszentrum zur konstanten Größe wurde und dort auch ein Film gezeigt wird, gehört Jiddisch von Anfang an zum Angebot der Filmtage. »Es ist ein Herzenswunsch von mir, Jiddisch nicht in Vergessenheit geraten zu lassen«, sagt Ellen Presser. Diesmal widmen sich dieser Thematik gleich zwei Filme. Und so sieht das gesamte Programm aus:
ROOM AND A HALF
Sonntag, 14. Januar, 11 Uhr, Bildungszentrum, Einsteinstraße 28: Der russische Filmemacher Andrei Khrzhanovsky zeigt in seinem eindringlichen Film eine verschwundene Seite Petersburgs, verleiht der Metropole magische Momente und vermittelt russische Kultur, die ihre Dichter liebte.
GUARDIANS OF HERITAGE – HÜTER DER GESCHICHTE
Sonntag, 21. Januar, 17 Uhr, IKG-Gemeindezentrum: Die filmische Spurensuche – begleitet von den Schauspielern Christian Berkel, Ulrike Folkerts, Hannes Jaenicke, Clemens Schick, Esther Schweins und Aglaia Szyszkowitz – führte an Kultur- und Gedenkstätten, unter anderem in Bosnien/Herzegowina, Israel, Jordanien, Kambodscha und Polen.
MENASHE
Mittwoch, 24. Januar, 19 Uhr, IKG-Gemeindezentrum: Der 2017 in den USA und Israel gedrehte Spielfilm von Joshua Z. Weinstein handelt von der Religion und Tradition, die im jüdisch-orthodox geprägten New Yorker Stadtteil Brooklyn das ganze Leben bestimmen. Der tollpatschige Held des Films erscheint als orthodoxe Variante von diversen Woody-Allen-Figuren oder als unorthodoxe Ausgabe eines Hiob.
SURVIVING SKOKIE
Sonntag, 28. Januar, 17 Uhr, Gemeindezentrum: Der amerikanische Dokumentarfilmer Eli Adler, der bei der Vorführung des Films anwesend sein wird, begab sich mit seinem Vater Jack, der in einem Vorort von Chicago lebt, auf eine filmische Reise in die Vergangenheit der Familie nach Polen.
LIZA RUFT!
Dienstag, 30. Januar, 19 Uhr, NS-Dokumentationszentrum: Das bewegende Filmporträt des Berliner Regisseurs Christian Carlsen begleitet die heute 95-jährige jiddischsprachige Fanja Brancovskaja auf ihren Lebensspuren in Litauen. Stationen sind das ehemalige Wilnaer Ghetto, die Wälder um Vilnius und zur ehemaligen Massenerschießungsstätte in Ponar. Dabei zeigt sich, dass die Vergangenheit nicht vergangen ist. Der Film wird in Jiddisch mit deutschen Untertiteln gezeigt.
Marina, Mabuse und Morituri
Sonntag, 4. Februar, 17 Uhr, Gemeindezentrum: Der Film zeigt den Lebensweg des 1918 in Lodz/Polen geborenen Holocaust-Überlebenden Artur Brauner, der im Land der Täter zum wichtigsten Filmproduzenten seiner Zeit wurde. Die großen Stars der 50er-, 60er- und 70er-Jahre gaben sich in den CCC-Studios in Berlin-Spandau die Klinke in die Hand: Peter Alexander, Gert Fröbe, Curd Jürgens, Klaus Kinski, Heinz Rühmann, Maria Schell, Romy Schneider, Caterina Valente und Regiegrößen wie Fritz Lang und Robert Siodmak. Produziert wurde der Film von Alice Brauner, der Tochter des CCC-Gründers. Sie steht nach der Vorführung für ein Gespräch zur Verfügung.
NORMAN
Donnerstag, 8. Februar, 19 Uhr, Gemeindezentrum: Regie bei dem tragikomischen Meisterwerk mit Weltstar Richard Gere in der Hauptrolle führte Joseph Cedar.
Bal Ej: The Hidden Jews of Ethiopia
Donnerstag, 15. Februar, 19 Uhr, Gemeindezentrum: Die Dokumentarfilmerin Irene Orleansky wuchs in Russland in einer Familie polnischer Holocaust-Überlebender auf und lebt jetzt in Israel, wo sie als Musikerin, Produzentin, Ethnografin und Filmemacherin arbeitet. Dabei beschäftigte sie sich in den vergangenen Jahren intensiv mit der Erforschung der Kultur, Musik und den Traditionen ferner jüdischer Gemeinschaften in Asien und Afrika. Der Film führte die Regisseurin diesmal nach Äthiopien.