Ich bin ein von Politikern gehasster Deutscher» stand auf einer Pappe, «Lügen-Komplott – Politik – Presse» und «Kartoffeln statt Döner» auf anderen Schildern. Die Botschaften des rheinischen Ablegers der «Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes», abgekürzt Pegida, sind die gleichen wie in Ostdeutschland, aber an Ausstrahlungskraft konnte «Kögida» es mit der Veranstaltung in Dresden nicht aufnehmen.
Es sollte die größte Kundgebung der Pegida-Bewegung im Westen werden, doch der am Montagabend geplante Aufmarsch durch Köln scheiterte grandios. Nach Polizeiangaben demonstrierten mehr als 7500 Kölner gegen die Kundgebung der etwa 300 Kögida-Anhänger. Angesichts dieser Übermacht verzichteten die Islamfeinde auf den geplanten Marsch in die Kölner Innenstadt.
«Das ist ein großer Erfolg», sagte Abraham Lehrer vom Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln. Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden demonstrierte gemeinsam mit vielen Gemeindemitgliedern gegen Kögida. «Köln ist nicht braun, sondern bunt», resümierte Lehrer. Ihn hat die Zusammensetzung der Gegendemonstranten beeindruckt: junge und alte Menschen, Familien und politische Gruppen aus einem breiten Spektrum. «Das ist das Spiegelbild der Gesellschaft», sagte er.
Gegendemo Auch der Kölner Rabbiner Jaron Engelmayer hatte den Aufruf zur Gegendemonstration unterzeichnet. «Wir sind eine pluralistische Gesellschaft, die die Verschiedenheit der Religionen zulassen möchte», begründete er sein Engagement. Es dürfe nicht hingenommen werden, dass Rechtsextreme Islamkritik instrumentalisieren. «Ich freue mich darüber, dass es gelungen ist, ein deutliches Zeichen dagegen zu setzen», sagte Engelmayer angesichts der Gegendemonstration. «Es ist schön, dass die Stadt Köln für eine pluralistische Gesellschaft steht.»
Zu der Gegenkundgebung aufgerufen hatten mehr als 40 Kölner Organisationen, darunter die Künstlerinitiative «Arsch huh», Lesben- und Schwulenverbände, Gewerkschaften, Parteien von der Linkspartei bis zur CDU und die großen
Religionsgemeinschaften. Auch die Synagogen-Gemeinde gehörte dazu.
«Wir verurteilen die Versuche von Pegida, die Gesellschaft zu spalten und Muslime und ihre Religion zu verunglimpfen und auszugrenzen», heißt es in einer Erklärung von Vertretern der Gemeinde, der evangelischen und katholischen Kirche. Die Gemeinde bekenne immer Farbe, wenn es darum gehe, sich gegen Rechts zu positionieren, betonte Lehrer. So hat sie auch in der Vergangenheit Aufrufe gegen Aktionen der rechtsextremen Wählervereinigung Pro Köln unterstützt, die mit Kögida verknüpft ist.
Rechtsextrem Die in der Initiative «Köln stellt sich quer» zusammengeschlossenen Gruppen wollten klar machen, dass es sich bei dem rheinischen Pegida-Ableger keineswegs um harmlose Islamkritiker handelt. «Der aktuelle Bericht der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Köln verdeutlicht, wie sehr Kögida rechtsextrem unterwandert ist», sagte «Köln stellt sich quer»-Sprecher Hajo Leib.
500 Teilnehmer hatte Kögida-Veranstalter Sebastian Nobilé, ein Ex-Aktivist der rechtsextremistischen «German Defense League», für seine Demonstration angemeldet. Gekommen war nur knapp mehr als die Hälfte, darunter auch bekannte NPD-Funktionäre. Anders als in Dresden redeten die Kölner Pegida-Anhänger durchaus mit der Presse. «Wir sind keine Nazis, ich möchte nur keine Moschee um mich herum haben», sagte etwa eine ältere Dame, die sich sehr über die Neujahrsansprache von Angela Merkel geärgert hatte, in der die Bundeskanzlerin vor Pegida warnte. «Das war eine schlimme Beleidigung für mich», sagte sie.
Der Herr in mittleren Jahren mit dem «Lügen-Komplott»-Schild sprach ebenfalls gerne mit der Presse. Menschen islamischen Glaubens seien «anders als wir», sagte er, aber das schreibe ja keiner. Vor acht Jahren hat er aufgehört, die «Frankfurter Allgemeine» zu lesen. Seitdem informiert er sich nur noch im Internet.
wahrzeichen Unter dem Motto «Licht aus für Rassisten» hatten viele Kölner Gebäudebesitzer angekündigt, die Beleuchtung zu löschen, um Kögida im Dunkeln laufen zu lassen: von der Industrie- und Handelskammer über den TÜV und das Rathaus bis zur Eisbahn auf dem Heumarkt.
Auch Dompropst Norbert Feldhoff hatte aus Protest gegen den Aufmarsch pünktlich um 18.30 Uhr die Außenbeleuchtung am Dom abstellen lassen. Er wollte nicht, dass die Islamfeinde die katholische Kathedrale als Kulisse für ihre Propaganda nutzen. So stand Kölns Wahrzeichen am Montagabend wie ein riesiges Mahnmal im Dunkeln.