In den alten Beständen der früheren IKG-Bibliothek haben der Münchner Synagogenchor-Leiter, Dirigent und Historiker David Rees und der israelische Musikwissenschaftler Alon Schab von der Universität Haifa einen wahren Schatz entdeckt: die Musikhandschrift »Gottesdienstliche Gesänge der Israeliten in Wien« aus dem Jahr 1832. Als Dauerleihgabe hat die Kultusgemeinde diese nun der Bayerischen Staatsbibliothek zur Aufbewahrung übergeben.
Präsidentin Charlotte Knobloch weiß das Manuskript dort in guten Händen. Schließlich sei sie seit über 450 Jahren eine internationale Forschungsbibliothek von höchstem Rang und eines der bedeutendsten Wissenszentren, wie sie bei der Vertragsunterzeichnung ausführte. »Sie ist das zentrale Gedächtnis unserer Heimat.«
Vertrag In Anwesenheit der Vertreter der Staatsbibliothek, Generaldirektor Rolf Griebel und Reiner Nägele von der Musikabteilung sowie David Rees, und dem für die Ausarbeitung des Vertrages engagierten Rechtsanwalt Maurice Brodski vom IKG-Vorstand wurde der Depositum-Vertrag in der Kultusgemeinde unterzeichnet.
Die Präsidentin betonte dabei: »Wenn wir diese gebundene Handschrift mit fast 100 liturgischen Musikstücken in Hebräisch aus den frühen Beständen unserer Bibliothek in die Hände der Staatsbibliothek übergeben, dann wollen wir damit auch zeigen: Die jüdische Gemeinschaft, unsere Geschichte, ist elementarer Bestandteil der deutschen und bayerischen Geschichte. Unsere Zeugnisse sind Ausdruck der Kultur und der Entwicklung unserer bayerischen Heimat.«
Die Experten der Bayerischen Staatsbibliothek haben das Werk bereits wissenschaftlich untersucht. Demnach ist die Handschrift für die Geschichte der jüdischen Musik als frühe Version des vom Wiener Kantor Salomon Sulzer herausgegebenen grundlegenden Werkes der Synagogenmusik »Schir Zion« relevant.
Gottesdienst Außerdem belegt sie einen bisher unbekannten Dialog zwischen den Münchner und Wiener Gemeinden, in dem beide über eine repräsentative Musik als Teil eines modernen, den neuen Synagogen in beiden Städten entsprechenden Gottesdienstes diskutierten.
Kulturgeschichtlich ist die Handschrift ein Dokument der intensiven Kooperation, die in den 1830er-Jahren zwischen jüdischen und christlichen Musikern in München und Wien entstand, erläuterten die Wissenschaftler der Bayerischen Staatsbibliothek.
Während in München Maier Kohn unter anderem mit dem großen Münchner Komponisten Caspar Ett zusammenarbeitete, steuerte in Wien Franz Schubert einen vertonten Auszug aus Psalm 92 in hebräischer Sprache zur neuen jüdischen Liturgie bei. Für die Musikwissenschaft ist die Handschrift als früheste Quelle für Schuberts hebräischen Psalm besonders interessant.