Ilse Frischmann war in den 30er-Jahren eine der besten Bergsportlerinnen in der Sächsischen Schweiz, doch als Jüdin unerwünscht. 1922 geboren, unternahm sie mit ihren Freunden immer wieder heimlich Bergtouren. 1940 wurde sie mit ihrer Familie in das Judenlager Hellerberge gezwungen, 1944 nach Auschwitz deportiert. Frischmann überlebte, weil sie zu krank war, um an den Todesmärschen kurz vor Kriegsende teilzunehmen. Nach ihrer Befreiung kehrte Frischmann nach Dresden zurück.
Über ihr Schicksal und das anderer jüdischer Sportler und vor allem Sportlerinnen während der NS-Zeit – wie etwa der Hochspringerin Gretel Bergmann, die als Jüdin 1936 in Berlin nicht starten durfte –, informiert noch bis zum 5. Juni die Ausstellung »Vergessene Rekorde« im jüdischen Gemeindezentrum Dresden. Seit 2009 tourt die staatlich und von Stiftungen geförderte Schau durch die Bundesrepublik.
Recherche Die Jüdische Gemeinde Dresden und der Kulturverein Hatikva nahmen die Ausstellung zum Anlass, selbst jüdische Sportlerschicksale in Dresden zu recherchieren. Zwei angehende Historiker, Kevin Holweg und Stephanie Uhlig, vertieften sich in die Archive und stießen dabei auf Frischmanns Geschichte und die des jüdischen Sportvereins Bar Kochba.
»In den Gemeindeblättern wurde Bar Kochba alle zwei, drei Monate erwähnt«, berichtet Kevin Holweg – ein Indiz dafür, wie erfolgreich der Verein war. Seinen größten Triumph feierte der nur 250 Mitglieder starke Verband im Mai 1931, als die Herrenmannschaft vor 8.000 Zuschauern den Staffellauf um den Großen Garten in Dresden gewann. Für seine Jugendarbeit wurde der JSV mit dem Ehrendiplom des »Deutschen Reichsausschusses für Leibesübungen« geehrt.
Dabei hatten die jüdischen Sportvereine zu Beginn des 20. Jahrhunderts gar keinen großen Zulauf, berichtet der Potsdamer Sporthistoriker und Mit-Kurator der Ausstellung, Berno Bahro. Zwar waren überdurchschnittlich viele Juden in Sportvereinen organisiert, aber sie trainierten in den lokalen Sport- und Turnvereinen. Erst der zunehmende Antisemitismus und ab 1933 die »Ariergesetze« zwangen sie, ihre angestammten Sportclubs zu verlassen.
Ansatz »Doch wir wollen nicht nur die Opferrolle zeigen, sondern deutlich machen, wie viel die jüdischen Sportlerinnen für die Frauenleichtathletik erreicht haben«, betont Bahro bei der Ausstellungseröffnung am vergangenen Sonntag in Dresden. Auch Valentina Marcenaro, Kulturmanagerin der Dresdner Gemeinde und Mitorganisatorin der Ausstellung, betonte, dass die Schau etwas in Bewegung setzen will: »Wir möchten die starke Verbindungskraft des Sports hervorheben: den friedlichen Wettstreit, die gemeinsame Leidenschaft.«
Deshalb haben die jüdische Gemeinde, der Verein Hatikva und der Stadtverband Fußball Dresden zur Ausstellung ein Rahmenprogramm mit Vorträgen, Filmen und Diskussionen aufgelegt. Höhepunkt ist der »1. Makkabi-Cup Dresden«. Am 13. Mai messen sich jüdische und nichtjüdische Schachspieler und Fußballer in ihren Disziplinen.
»Wir haben Fußball gewählt, weil er der Volkssport in Deutschland ist und Schach, weil das Spiel in der ehemaligen Sowjetunion sehr beliebt war, wo rund 90 Prozent unserer Gemeindemitglieder herkommen«, erklärt Valentina Marcenaro. Die ersten Schachspieler und Kicker haben sich schon angemeldet. Abends laden die Veranstalter zur Siegerehrung und Party ein. Valentina Marcenaro verspricht ein interkulturelles Erlebnis auch für den Gaumen.
Infos und Anmeldung unter: 0179/ 297 76 51 oder makkabicup@jg-dresden.org