Einen Arbeitsplatz und einen Partner zu haben, sind entscheidende Kriterien für ein erfülltes Leben – auch für behinderte Menschen. Rund 60 Teilnehmer trafen sich daher Anfang vergangener Woche, um sich im Rahmen eines Fachseminars der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) in Frankfurt beraten zu lassen.
Familien mit behinderten Angehörigen haben in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Behinderung gilt dort bis heute als Makel. In Deutschland sind sie wegen mangelnder Sprachkenntnisse benachteiligt und können sich nicht direkt über Angebote informieren, die ihnen das Leben erleichtern könnten.
Kontakte Umso erfreulicher sei es, so ZWST-Direktor Beni Bloch, dass seit etwa acht Jahren hier vielfältige Hilfe geleistet werden könne. Er erinnerte daran, wie schwer es zunächst war, Behinderte und ihre Angehörigen überhaupt zu erreichen. Mit der ersten Tagung in Frankfurt 2004 konnten endlich Kontakte geknüpft werden.
Beispiel Arbeitsmöglichkeiten: Marlies Müller-Erichsen von der Lebenshilfe Gießen betonte, dass man nicht an erster Stelle das Handicap sehen sollte, sondern die Potenziale eines Menschen mit Behinderung. Wolfgang Rhein, Geschäftsführer der Praunheimer Werkstätten, Wolfgang Schrank vom Verein für soziale Heimstätten sowie Torsten Neubacher von der Werkgemeinschaft erläuterten, wie ihre Einrichtungen die Eingliederung in das gesellschaftliche Leben erleichtern.
Chancen Ein Tipp: Manchmal sei es ratsam, eine Arbeit anzunehmen, auch wenn man überqualifiziert sei. Aus der Werkstatt heraus könne man sich dann auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bewerben. Jürgen Drews und Stefanie Jentsch von Pro Familia in Mainz sprachen mit Angehörigen darüber, wie und wo sich Menschen mit Behinderung finden und begegnen können. Michael Bader, wissenschaftlicher Begleiter der ZWST, sowie Evelyn Küpper, Beraterin der Lebenshilfe, standen den Teilnehmern außerdem für Einzelgespräche zur Verfügung.
Die Teilnehmer zogen ein positives Resümee: »Jede dieser Tagungen verhilft uns zu neuen Erkenntnissen, wie wir unseren Angehörigen helfen können«, lobte Lubov Pronina aus Leipzig. Von dem geplanten ZWST-Pilot-Projekt »Deutschunterricht für Menschen mit Behinderung« erhoffen sich Ilja und Lila Bidnyi aus Hannover viel für ihren Sohn.
Die neu geknüpften Kontakte sind für Elena Babenko aus Köln sehr wichtig. Unterstützung bei der Organisation einer Selbsthilfegruppe erhoffen sich Talla und Lasar Basanska aus Schwerin. Und Eleonora Zaika aus München lobte Verständnis und Kompetenz der ZWST-Mitarbeiter: »Ich fühle mich wie in einem warmen Haus. Diese positive Energie wird mir weiterhin sehr helfen.«