Die Stadt München hat den Journalisten Ulrich Chaussy mit dem renommierten Publizistikpreis der Landeshauptstadt ausgezeichnet. Bürgermeister Josef Schmid überreichte ihm in einer Feierstunde im Literaturhaus die mit 10.000 Euro dotierte Ehrung, die seit 1992 alle drei Jahre vergeben wird.
Ulrich Chaussy, der für den Bayerischen Rundfunk arbeitet, beschäftigt sich seit mehr als drei Jahrzehnten mit den Hintergründen des Oktoberfest-Attentats 1980, dem schlimmsten Terroranschlag in der Geschichte der Bundesrepublik. Durch die Explosion einer Bombe starben 13 Menschen, mehr als 200 wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Zu den Todesopfern zählte auch der Geologiestudent Gundolf Köhler (21). Die Behörden hielten ihn für den allein verantwortlichen Täter und stellten die Ermittlungen ein.
Wahrheit Zweifel an der sogenannten Einzeltäter-Theorie gab es von Anfang an. Chaussy indes gab sich mit ihr nicht zufrieden und ist schon seit Langem davon überzeugt, dass Gundolf Köhler Teil eines rechtsextremistischen Netzwerks war. Seine Erkenntnisse veranlassten die Bundesanwaltschaft im Dezember 2014, die Ermittlungen neu aufzunehmen.
Bis dahin war es ein langer Weg. »Es gab Zeiten«, schreibt die Jury der Stadt München, »da wurde er für einen Staatsfeind gehalten, weil er nach den rechtsradikalen Hintermännern des Anschlags forschte.« Aber Chaussy, ein hartnäckiger, akribischer und erfolgreicher Wahrheitssucher, habe sich dadurch zum Glück nicht beeinflussen lassen.
Bereits 1985 hatte er sich in seinem Buch Oktoberfest. Ein Attentat erstmals umfassend und kritisch mit der Einzeltäter-Theorie der Ermittlungsbehörden auseinandergesetzt und den terroristischen Hintergrund geschildert. In den Jahren danach publizierte Chaussy eine Vielzahl von weiteren Beiträgen.
gründlich Zusammen mit dem Münchner Filmemacher Daniel Harrich verfasste er 2013 auch das Drehbuch zum Spielfilm Der blinde Fleck, in dem das Oktoberfest-Attentat thematisiert wurde. Kurz danach veröffentlichte Chaussy ein weiteres Buch: Oktoberfest. Das Attentat. Wie die Verdrängung des Rechtsterrors begann. Auf die gründliche Recherche, die nicht nur diesem Buch, sondern seiner gesamten Arbeitsweise zugrunde liege, wies der Nürnberger Publizistikprofessor Christoph Lindenmeyer in seiner Laudatio explizit hin.
Der Jury unter dem Vorsitz von Kulturreferent Hans-Georg Küppers gehörten in diesem Jahr an: Sibylle Bassler (ZDF München), Hans-Bernd Brosius (Ludwig-Maximilians-Universität), Amelie Fried (Autorin und Publizistin), Christiane Grefe (Die Zeit), Heribert Prantl (Preisträger 2013), Ruthart Tresselt (Presseclub München) sowie die Stadträte Kathrin Abele, Klaus Peter Rupp, Florian Roth, Beatrix Burkhardt und Marian Offman, der auch dem Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern angehört.