Meistens stecken sie in den Hosentaschen der Schüler: die Handys. Sie sorgen immer wieder für hitzige Diskussionen. Wie viele Stunden dürfen Kinder und Jugendliche sie am Tag anschalten? Und wie dürfen sie sie nutzen? Denn Filme schauen, Spiele, Lern-Tutorials und einfach nur telefonieren – es ist fast alles möglich.
Doch was ist an jüdischen Schulen erlaubt? Allen ist gemeinsam, dass bei dem höchsten Gremium, der Gesamtkonferenz, die Entscheidung darüber getroffen wird. Der Konferenz gehören Elternvertreter, Schülervertreter und Lehrer an.
Frankfurt Anastasia Quensel ist Elternvertreterin an der I. E. Lichtigfeld-Schule in Frankfurt, an der in diesem Schuljahr zum ersten Mal seit 1939 Abiturprüfungen stattfinden werden. »Unsere Schüler dürfen ihre Mobiltelefone generell dabei haben«, sagt sie. Aber während des Unterrichts und der Pausen müssen sie ausgeschaltet sein. Wer sein Handy nutzt und erwischt wird, müsse es abgeben und könne es sich erst am Ende des Schultags wieder abholen.
Beim zweiten Mal müssen bereits die Eltern kommen, um es auszulösen. Allerdings gibt es die Schleuse am Schuleingang, wo die Kids ihre Telefone offiziell nutzen dürfen. Ebenso dürfen sie es anschalten, wenn es im Unterricht ausdrücklich heißt: »Nun bitte Handys benutzen« und damit gearbeitet wird. »Nicht gerade hilfreich ist die Smartwatch, die einige Kinder tragen«, sagt die Elternvertreterin. Denn auch sie verfügt über viele digitale Funktionen.
WOCHENENDE »Wenn ein Kind auf sein Handy schaut, um zu überprüfen, wie spät es ist, dann sehen wir darüber hinweg«, sagt Michael Anger, Direktor des Albert-Einstein-Gymnasiums in Düsseldorf, der eigentlich erst im November die Arbeit aufnehmen wird, aber bereits jetzt einige Tage in der Woche vor Ort tätig ist. Eine Armbanduhr tragen heute die wenigsten – schließlich hat das Handy immer die Uhrzeit parat, so Anger.
Auch hier gilt, dass die Mobiltelefone einkassiert werden, wenn die Schüler soziale Medien nutzen, Filme anschauen oder sich Spielen hingeben. »Da kann es dann Dramen geben, wenn das Kind es nicht schafft, sein Handy rechtzeitig wieder abzuholen«, erzählt der Schulleiter.
Damit die Schüler sich nur mit den gewünschten Inhalten beschäftigen, gibt es eine Filtersoftware.
Das gelte insbesondere für Freitage: Ein Wochenende ohne eigenes Handy dürfte für die Schüler ein Albtraum sein – und für die meisten Erwachsenen ebenso. »Es ist nun einmal ein zentrales Medium für die Kinder, mit dem alle sozialen Kontakte gehalten werden«, meint Anger. Eltern seien für eine gute Medienerziehung ihrer Kinder verantwortlich. Wenn sie abends das Handy nicht in Verwahrung nehmen, dann riskieren sie, dass ihr Kind sich nachts damit beschäftigt.
TECHNIKAFFIN Das Albert-Einstein-Gymnasium ist technikaffin. Jedes Kind und jeder Lehrer bekommen ein iPad, und die Schule verfügt komplett über WLAN-Zugang. Derzeit bleiben die Geräte noch in der Schule, aber es gibt Überlegungen, dass sie auch mit nach Hause genommen werden können, sodass die Schüler dort weiterarbeiten können. »Sie müssen lernen, dass das Arbeitsgeräte sind und wie sie beispielsweise rasch eine Excel-Tabelle aufstellen«, sagt Anger.
Es könne auch passieren, dass die Schüler im Unterricht einen Taschenrechner benutzen müssen und der Lehrer sie auffordert, eine entsprechende App herunterzuladen. Eine weitere Aufgabe könne darin bestehen, das Programmieren zu lernen. Doch hier hat das Einstein-Gymnasium vorgesorgt: Damit die Schüler sich nur mit den gewünschten Inhalten beschäftigen, gibt es eine Filtersoftware.
»Das Buch verschwindet nicht, es leuchtet nur«, sagt der Schulleiter. Demnächst sollen die Schüler mit ihrer Handschrift auf den iPads schreiben, ebenso der Lehrer am Whiteboard. Bisher wurde die Computerschrift genutzt.
Am Jüdischen Gymnasium Moses Mendelssohn in Berlin dürfen Schüler der elften und zwölften Klasse ganz offiziell ihr Handy dabei haben. Ab dieser Stufe dürfen sie das Haus und den Hof sowieso in den Pausen verlassen. Oft habe dieses Thema auf der Tagesordnung bei der Gesamtschulkonferenz gestanden, wie Alexander Surzher berichtet. Mehrere Jahre gehörte der 18-Jährige dem Schulsprecherteam an, nun hat er seit Kurzem sein Abitur in der Tasche und wird ab Oktober studieren.
Das Gymnasium verfügt über einen Bereich, in dem die Handys offiziell genutzt werden dürfen – im Schülerklub im Keller, wo es auch WLAN gibt.
Die Schüler haben durchgesetzt, dass nicht mehr die Eltern die einkassierten Geräte abholen, sondern die Schüler selbst. Zudem verfügt das Moses Mendelssohn Gymnasium über einen Bereich, in dem die Handys offiziell genutzt werden dürfen – im Schülerklub im Keller, wo es auch WLAN gibt.
»Wenn das Wetter gut ist, sind die Schüler aber lieber draußen«, sagt Alexander. Er habe außerdem beobachtet, dass sie sich gemeinsam etwas auf dem Handy anschauen. Dass sie durch Handynutzung nicht mehr so viel Kontakt haben sollen, kann der 18-Jährige also nicht bestätigen.
In einigen Unterrichtsstunden heißt es auch am Mendelssohn Gymnasium: Handys hervorholen. Dann werden spezielle WLAN-Codes verteilt, die für eine Doppelstunde reichen.
SCHULBUS Und wie sieht es an den jüdischen Grundschulen aus? »Unsere Schule gestattet das Mitbringen von Handys, nicht jedoch ihre Nutzung während des Schultages – weder im Unterricht noch in den Pausen«, heißt es bei der Lauder-Morijah-Grundschule in Köln.
Allerdings hat die Schule noch ein anderes Problem, denn die Kinder werden per Schulbus befördert, weshalb auch dafür eine Regelung getroffen werden musste: In den Schulbussen dürfen die Kinder angerufen werden, jedoch nicht selbst anrufen. Nur in Ausnahmefällen und nach Absprache dürfen einzelne Grundschüler ihr Handy im Schulbus benutzen; beispielsweise, wenn es ihnen schwerfällt, die zum Teil recht lange Fahrt – manche fahren hin und zurück eine Stunde und länger – durchzuhalten, ohne sich »abzulenken«.