Ein Männer-, ein Frauen- und ein Kinderschuh liegen auf einer Treppe. Sie führt ins Nichts. Links daneben sind in Eisenbänder die Daten und Orte der Deportation unterfränkischer Juden nach Ostpolen eingestanzt. Von den 2069 Männern, Frauen und Kindern überlebten 60 den Holocaust.
Seit dem 10. November 2010 stand am ehemaligen »Platzschen Garten« in Würzburg das Denkmal für die deportierten unterfränkischen Juden. Von dort führte zwischen 1941 und 1943 ihr Weg zum Verladebahnhof Aumühle und damit in den Tod. Jetzt musste die Installation einem Wohnbauprojekt weichen und wurde um 50 Meter versetzt.
Infostele Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Würzburg und Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, findet den neuen Ort geeigneter: »Hier kommt es besser zur Geltung, hier können Menschen wirklich gedenken, hier ist auch noch Platz für eine Infostele«, lobte er bei der Übergabe des Denkmals. Die Kosten für den »Umzug« hat der Bauträger übernommen.
Das Engagement der Stadt und so vieler Menschen zeige, dass es in Würzburg noch und immer wieder Bürger gebe, denen die Vergangenheit nicht gleichgültig sei. Für die jüdische Gemeinde seien die Stolpersteine und das Denkmal wichtige Signale dafür, dass sich die Gesellschaft verändert hat. »Das ist ein Zeichen, dass die, die einst zur verfolgten Minderheit gehörten, heute sicher in Deutschland leben können und sich willkommen fühlen dürfen«, sagte der Zentralratspräsident.
Kulturreferent Muchtar Al-Ghusain (SPD) schlug den Bogen zur aktuellen Situation der Flüchtlinge im Mittelmeer und überall auf der Welt. Es sei die Verantwortung der Bundesbürger, diesen Menschen eine Zukunft zu geben. »Daran wird uns dieses Denkmal in den nächsten Jahren und Jahrzehnten hoffentlich immer wieder erinnern«, fügte er hinzu.
Mahnung Bürgermeisterin Marion Schäfer-Blake (SPD) stimmte ihm zu. Nur der Weg der Erinnerung könne in eine bessere Zukunft führen. Das Denkmal sei eine »eindringliche Mahnung«, sich entschieden für Toleranz, Respekt und ein friedliches Zusammenleben aller Menschen in Würzburg einzusetzen und Zivilcourage zu zeigen.
Der Künstler und Benediktinerpater Meinrad Dufner sagte, er freue sich immer, wenn er auf den Eisenstufen des Denkmals einen Stein, eine Blume oder eine Kerze entdecke. Dies zeuge davon, dass jemand mit seinem Herzen gedacht habe. Er wünschte sich »viel denk mal, dann sind wir alle gut geschützt«.
Zum Abschlus las Rotraud Ries vom Johanna-Stahl-Zentrum aus dem Brief eines Lederhändlers aus Bad Neustadt an seine Kinder, die er mit einem rettenden Transport nach England geschickt hatte: »Die Nachbarn sind schon weggekommen, und wir müssen auch gehen. Aber der Mut ist noch da, der alte Gott lebt noch, er wird uns beistehen.« Das Ehepaar wurde ermordet, so wie alle 852 am 25. April 1942 nach Ostpolen deportierten Juden.
Zu ihrem Gedenken hatten die Initiatoren Tafeln auf den Asphalt der abgesperrten Straße gelegt. Gemeinsam mit den rund 100 Teilnehmern stellte sich Schuster an der Seite von Bürgermeisterin Schäfer einige Minuten schweigend vor eine der Tafeln für einen Ermordeten.