Für die jüdische Gemeinschaft war es ein schmerzlicher Abschied. In der vergangenen Woche wurde Rosa Wasserstein sel. A. auf dem Neuen Israelitischen Friedhof im Norden Münchens unter großer Anteilnahme vieler Trauergäste verabschiedet.
Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, nannte Rosa Wasserstein eine Freundin und »Grande Dame« der jüdischen Gemeinde und sprach von einer klaffenden Lücke, die sie hinterlasse. »Die Herzlichkeit, die Fröhlichkeit und das Lachen von Rosa Wasserstein – Dinge, die wir als selbstverständlichen Teil unseres Lebens angesehen haben – sind nicht mehr da. Diese Lücke kann nichts und niemand füllen«, stellte sie beim Abschied auf dem Friedhof fest.
freundschaft Die IKG-Präsidentin erinnerte in diesem Zusammenhang auch daran, dass Menschen wie Rosa Wasserstein immer präsent bleiben würden. »Ihre besondere Art, ihren persönlichen Rat, den Rückhalt und die Freundschaft, die sie vielen von uns über Jahre und Jahrzehnte bot«, so Charlotte Knobloch, »vermissen wir schon jetzt.«
Und sie rief ins Gedächtnis, dass Rosa Wasserstein das Gebot der Tora »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst« so wie nur wenige Menschen verinnerlicht hatte. Diese postume Ehrung hatte die IKG-Präsidentin im Frühjahr 2012 in ähnlicher Form schon einmal ausgesprochen, als IKG-Ehrenmitglied Isak Wasserstein zu Grabe getragen wurde.
Ihr gesellschaftliches
Engagement gab vielen Freude und Hoffnung.
Bescheidenheit, aber eine klare Haltung, einnehmende menschliche Wärme, Hilfsbereitschaft, wenn es notwendig war: So kannte man beide. Bei Rosa Wasserstein änderte sich an dieser menschlichen Größe auch nichts, als sie von ihrem geliebten Ehemann Abschied nehmen musste. Daran erinnerte die IKG-Präsidentin in ihrer Trauerrede.
Ihr Glaube und ihre innere Haltung dürften auch der maßgebliche Faktor gewesen sein, der die beiden nicht an ihrem Schicksal zerbrechen ließ. 1945, nach dem Krieg, waren beide in Schongau gelandet. Rosa Wasserstein hatte den Holocaust in diversen Lagern überlebt, Isak Wasserstein, in Warschau geboren und vom Ghetto ins Vernichtungslager deportiert, verarbeitete die für ihn traumatischen Erlebnisse später in seinem Buch Ich stand an der Rampe von Auschwitz. Rosa Wasserstein sprach über ihre Erlebnisse in der NS-Zeit nie öffentlich, privat nur selten und sehr zurückhaltend.
interesse Der Gemeinde war sie den Worten von Charlotte Knobloch zufolge als »Hüterin der Religion« sehr lange sehr eng verbunden. »Wo sie helfen konnte, da half sie«, hob die IKG-Präsidentin in ihrer Trauerrede hervor, »und wo sie gebraucht wurde, brachte sie sich ein. Das galt für die Gemeinde, in der sie aktiv war, ebenso wie für ihr ausgeprägtes Interesse an politischen Dingen.«
Noch im Jahr 2014 hatte Rosa Wasserstein an einer Demonstration gegen Antisemitismus teilgenommen. Ihr gesellschaftliches Engagement sei für viele Menschen Freude und Hoffnung gewesen. Charlotte Knobloch beschrieb ihr Auftreten einprägsam: »Wo sie erschien, da hellte sich die Stimmung auf, wo sie anwesend war, da herrschte Zuversicht.«
kinder Die menschliche Stärke, die Rosa Wasserstein und ihr Mann in vielerlei Hinsicht vorlebten, war harten Prüfungen ausgesetzt. Das Ehepaar verlor seine beiden Kinder, Sohn David, einen angesehenen Augenarzt in München, und Tochter Mirjam, durch schwere Krankheiten. Trost und Freude verschafften ihr und ihrem Mann aber die vier Kinder des Sohnes und die Urenkelkinder. Für sie war es ein besonders schwerer Abschied.
»Wir verneigen uns heute vor ihr«, sagte Charlotte Knobloch vor den Trauergästen. Es sei jetzt die Aufgabe, das Gute, die Hoffnung, Freude und das kleine Stück Frieden, das Rosa Wasserstein in die Welt gebracht habe, zu bewahren und in ihrem Sinne fortzusetzen. »So groß der Schmerz über den Verlust ist, so groß ist auch die Dankbarkeit, dass wir sie kennenlernen, erleben und wertschätzen durften«, erklärte die IKG-Präsidentin und versprach: »Wir werden ihr Andenken in Ehren halten.«