Zum Volkstrauertag gedachten am vergangenen Sonntag Mitglieder der Kultusgemeinde gemeinsam mit Vertretern der Bundeswehr, der Bayerischen Staatsregierung sowie verschiedenen gesellschaftlichen Vereinen und Organisationen aus dem Raum München der Toten des Ersten Weltkriegs.
Vor dem Denkmal für die jüdischen Gefallenen auf dem jüdischen Friedhof in der Garchinger Straße erinnerte Präsidentin Charlotte Knobloch daran, dass es bis heute weitgehend unbekannt sei, »welch glühende Patrioten die deutschen Juden im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts waren«. Sie hoffe, dass im kommenden Jahr, wenn sich der Beginn des Ersten Weltkriegs zum 100. Mal jährt, endlich auch an die jüdischen deutschen Soldaten erinnert werde.
Zur Zeit des Ersten Weltkriegs schien es, als seien endlich die letzten Schranken zwischen Juden und Nichtjuden in Deutschland gefallen, führte Knobloch weiter aus. »Diese Wünsche und Erwartungen waren in Wahrheit eine Illusion, ja: eine in letzter Konsequenz tödliche Selbsttäuschung, der so viele Juden in Hitlers Reich erlagen.«
Zugleich warnte sie vor dem unverblümten, kühlen Antisemitismus, der bis heute weit in die Mitte der Gesellschaft reiche: »Ich will mir nicht vorstellen, dass sich auch unsere heutigen Überzeugungen dereinst als Illusion erweisen könnten – wie früher die unserer patriotischen Vorfahren, die wenig später entrechtet und ermordet wurden.«
Heimat Im Anschluss entboten Staatsminister Ludwig Spaenle, Stadtrat Marian Offman, der auch dem Vorstand der IKG angehört, sowie der Standortälteste Oberst Ralf Klewin von- Fintel Grußworte. In eindrucksvoller Weise unterstrich die kurze Rede von Oberstabsarzt und Diplom-Psychologin Sonja Pitum die Wichtigkeit von Charlotte Knoblochs Forderung, dass Politik und Gesellschaft in der Bundesrepublik nie wieder zulassen dürften, dass Juden Deutschland als ihre Heimat infrage stellen müssen. Pitum selbst gehört der zweiten Generation derer an, die nach der Schoa in München aufgewachsen sind.
Trotz des Holocausts »haben sich gleich nach der Befreiung wieder jüdische Gemeinden in Deutschland gebildet, die langsam und schmerzhaft neues Vertrauen in die demokratischen Strukturen des Landes gefunden haben«, erklärte Sonja Pitum. »Deutschland ist meine Heimat. Ich will eine Bürgerin wie alle anderen sein – vielleicht ein wenig aufmerksamer, vielleicht ein wenig misstrauischer.« Und weiter: »Hitler und die Seinen dürfen auf keinen Fall posthum ihren Willen bekommen. Im Gegenteil: Das Opfer der gefallenen jüdischen Kameraden darf nicht ganz umsonst gewesen sein.«