Einen besseren Ort als Gemeindezentrum und Synagoge am Jakobsplatz, sichtbare Symbole für die Rückkehr der Juden in die Münchner Stadtgemeinschaft, hätten sich die jungen Polizistinnen und Polizisten des Ausbildungsseminars der Bereitschaftspolizei Eichstätt für ihren Projekttag zur politischen Bildung kaum aussuchen können.
Zudem stand ihnen mit Charlotte Knobloch, der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern (IKG), eine Gesprächspartnerin zur Verfügung, die als Holocaust-Überlebende und zugleich als über Jahrzehnte wirkende maßgebliche Repräsentantin der jüdischen Gemeinschaft Zeitgeschichte pur verkörpert.
mitwirkung Die besondere Rolle, die speziell die Münchner Polizei im Machtapparat der Nationalsozialisten spielte, blieb lange Zeit weitgehend unerforscht. Vor zehn Jahren hat die Polizei das dunkle Kapitel aus der Vergangenheit unter Mitwirkung des NS-Dokumentationszentrums selbst aufgearbeitet.
Unter anderem wurden die Ergebnisse in einer Ausstellung dokumentiert und in Seminaren des NS-Dokuzentrums thematisiert. Auf der Internetseite heißt es darüber zusammenfassend: »Die Polizei war ein zentrales Herrschaftsinstrument des NS-Regimes. Bereits seit Gründung der NSDAP 1919/1920 förderten Polizeibeamte den Aufstieg der Partei. Nach der Machtübernahme legte Heinrich Himmler als erster nationalsozialistischer Polizeipräsident in München den Grundstein zu seiner Karriere, die ihn zum Chef des gesamten NS-Terrorapparates machen sollte.«
Charlotte Knobloch sprach das hohe Maß an Verantwortung an, das der Beruf mit sich bringt.
Charlotte Knobloch, die als kleines Kind an der Hand ihres Vaters die Synagoge brennen sah und enge Familienangehörige durch diesen NS-Terrorapparat verlor, hält »ein schlechtes Gewissen« der heutigen Generationen für die damaligen Geschehnisse für unangebracht. Das vermittelte sie den jungen Polizistinnen und Polizisten – sie sprach aber auch das hohe Maß an Verantwortung an, das der Beruf eines Polizeibeamten mit sich bringe.
ns-regime Verfolgung, Unterdrückung, Massenmord, die höllischen Parameter des NS-Regimes, liegen rund 80 Jahre zurück, Antisemitismus aber ist noch immer und in zunehmendem Maße präsent. Auch auf diesen gesellschaftlichen Aspekt ging die IKG-Präsidentin beim Besuch der Bereitschaftspolizei ein.
Als Beispiel nannte sie die Schulen, die die IKG im Gemeindezentrum unterhält. Die Gefahr, dass jüdische Schüler aufgrund ihres Glaubens an anderen Bildungseinrichtungen gemobbt und ausgegrenzt würden, sei latent. Unabhängig davon, so Charlotte Knobloch, müsse es weiter das Ziel bleiben, dass jüdische Kinder an allen Schulen unbehelligt lernen könnten und jüdisches Leben als »normal« akzeptiert werde.
Einen kleinen Einblick in die jüdische Religion vermittelte den Polizisten Ellen Presser, die Leiterin der IKG-Kulturabteilung, bei einer Führung durch die Ohel-Jakob-Synagoge.
Antisemitismus sei in zunehmendem Maße präsent, erläuterte die IKG-Präsidentin.
So erfuhren die Besucher zum Beispiel, warum bei den beiden siebenarmigen Leuchtern der mittlere Kerzenhalter teilweise fehlt und nicht benutzt werden kann. Das, so Ellen Presser, solle an die sechs Millionen Juden erinnern, die von den Nazis ermordet wurden. Sie wies zudem darauf hin, dass die frühere Hauptsynagoge an der Herzog-Max-Straße bereits fünf Monate vor der Pogromnacht im Juni 1938 auf persönlichen Befehl Hitlers abgerissen wurde.