Freude und Schmerz, Erinnerung und Hoffnung: Wie dicht die unterschiedlichsten Emotionen ne beneinanderliegen können, machten die Gedenkstunden und Feierlichkeiten der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern in den vergangenen Tagen deutlich.
Auf die verschiedenen Anlässe, die jedoch auch einen gemeinsamen Nenner haben, wies IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch etwa bei ihrer Rede am Jom Hasikaron hin. Wie überall auf der Welt sei es auch der jüdischen Gemeinde in München ein besonderes Anliegen, an all jene zu denken, die ihr Leben in Israel und für Israel gegeben hätten, sagte sie.
Mit Blick auf die aktuelle Situation in Israel kam die IKG-Präsidentin nicht um die Feststellung herum, dass es immer noch Feinde gebe, die dem Staat Israel bis heute keinen Frieden gönnen würden. »Und so«, erklärte sie vor zahlreichen Vertretern israelischer und deutsch-israelischer Gruppen und Organisationen, »müssen wir auch dieses Jahr wieder daran erinnern, dass es ohne den heutigen Jom Hasikaron morgen keinen Jom Haaazmaut geben könnte – dass es das Opfer derjenigen war, an die wir heute erinnern und die das Fortbestehen Israels ermöglicht haben.«
Repräsentanten vieler Organisationen waren zur Unabhängigkeitsfeier erschienen.
Wie viel Israel den Juden in München bedeutet, konnte man einen Tag später im Gemeindezentrum am Jakobsplatz erleben. Jom Haazmaut – die seit nunmehr 71 Jahren bestehende Erfolgsgeschichte eines eigenen unabhängigen Staates – bot allen Grund zu feiern. Repräsentanten vieler Organisationen, denen Israel am Herzen liegt, waren zur Unabhängigkeitsfeier erschienen, die die Eventmanagerin Anat Rajber in der gewohnten Weise perfekt organisiert hatte. Auf der Gästeliste ganz oben stand Generalkonsulin Sandra Simovich, das diplomatische »Gesicht« Israels in München.
rede Die Rede, die »Hausherrin« Charlotte Knobloch bei der Feier hielt, glich einer Liebeserklärung an Israel. Ihr Blick richtete sich auf die pulsierenden Metropolen, das umfassende Kulturleben, die herausragenden wissenschaftlichen Leistungen – und das einzigartige israelische Lebensgefühl.
Hinzu kommt nach Überzeugung der IKG-Präsidentin, dass Israel für jüdische Menschen Sicherheit darstelle und zugleich Sicherheit gebe. Das sei ihren Worten zufolge möglich, weil sich das Land auf die Energie und die Leidenschaft seiner Einwohner verlassen könne. »Niemand«, so Charlotte Knobloch, »zelebriert das Leben so intensiv und mit solcher Hingabe wie die Israelis.«
Intensiv ist auch das Bedürfnis der jüdischen Gemeinschaft in München, immer am Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus an die gefallenen jüdischen Soldaten zu erinnern, die gegen die Nazis gekämpft haben. Rund eineinhalb Millionen jüdische Soldaten gab es in den Armeen der Alliierten, allein 500.000 von ihnen gehörten der Roten Armee an.
kranzniederlegung Ihnen allen war auch in diesem Jahr eine Gedenkfeier mit Kranzniederlegung auf dem Neuen Israelitischen Friedhof in der Garchinger Straße gewidmet. Die Erinnerung an die gefallenen jüdischen Soldaten fassten IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch, IKG-Vizepräsident Ariel Kligman und Lilia Tkacheva als Vertreterin des Veteranenrates in Worte.
Zahlreiche Veteranen aus der Sowjetunion haben in München eine neue Heimat gefunden.
Viele Veteranen aus der Sowjetunion, die im Zweiten Weltkrieg gegen die Nazis kämpften, haben nach dem Zerfall des riesigen Staates vor einem Vierteljahrhundert in München eine neue Heimat gefunden. Das Gemeindezentrum der IKG ist für sie zu einer wichtigen Anlaufstelle geworden.
Doch am Tag der Befreiung wurde nicht nur der Toten gedacht. Am Abend kamen die noch lebenden Veteranen, ihre Familien und Freunde zum Feiern in der IKG zusammen. Auf ihre besondere Rolle während der NS-Zeit wiesen IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch und Ariel Kligman hin. Kligman, der selbst vor vielen Jahren aus der Sowjetunion nach München kam, tat dies in russischer Sprache.
stolz Einer der jüdischen Soldaten aus der ehemaligen Sowjetunion, dem München zur neuen Heimat wurde, zieht an Tagen wie dem »Tag der Befreiung« nicht ohne Stolz seine Uniform, die über und über mit Orden bestückt ist.
Für David Dushman, der über 90 Jahre alt ist und diese Uniform trägt, ist die Teilnahme am Veteranentreffen im Gemeindezentrum eine Verpflichtung. Er war es, der mit seinem Panzer den Stacheldrahtzaun von Auschwitz niederwalzte. Auch davon war an diesem Abend die Rede.